Blick in die Presse

Blick in die Presse

Tschechische Pressekommentare zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Heidenau, zur mangelnden Toleranz für Homosexuelle und zu einer stärkeren Kontrolle der EU-Grenzen

3. 9. 2015 - Text: Josef FüllenbachTextauswahl und Übersetzung: Josef Füllenbach

Grenzen der Offenheit | Die Tageszeitung „MF Dnes“ meint zu den Ausschreitungen in Sachsen: „Die neonazistische NPD saß bis zum vorigen Jahr im Landtag, wobei sie zuletzt nur um ein Haar den Einzug verfehlte. Die 30-jährige Bloggerin Elisa Gutschke, die im sächsischen Pirna aufwuchs, erinnerte sich in einem Beitrag für das Wochenmagazin ‚Der Spiegel’, dass sich ihre Mitschüler gewöhnlich mit dem Hitlergruß grüßten. Die deutsche Gesellschaft ist an Immigranten gewohnt und im Vergleich zu uns weitaus offener, aber auch das hat seine Grenzen. Zum Beispiel in Sachsen.“

Chaotischer Zustand | Die Tageszeitung „Právo“ hält nichts vom Vorschlag des Finanzministers, die EU-Grenzen von Nato-Truppen schützen zu lassen: „Die Türkei, die über die zweitgrößte Armee der Allianz verfügt, führt einen Krieg gegen die Kurden, die ihrerseits gegen den Islamischen Staat kämpfen. Dieser chaotische Zustand, den die Nato auch noch abgesegnet hat, kann die Flüchtlingswellen aus Syrien und Irak weiter anheizen. In der unübersichtlichen Situation (…) wird niemand einen Gipfel der Allianz (…) einberufen, denn das könnte nicht gut enden. Wir sollten also, wenigstens einstweilen, die Nato in der Flüchtlingskrise außen vor lassen.“

Fehlanzeige in Tschechien | Die „Hospodářské noviny“ sieht Nachholbedarf hinsichtlich der Akzeptanz der Homosexualität: Wer sich öffentlich outet, „verdient große Bewunderung für seinen Mut. In Deutschland fand ihn Guido Westerwelle (…), in Polen der Abgeordnete Robert Biedroń, in Belgien der ehemalige Premier Elio Di Rupo, der erste bekennende Homosexuelle an der Spitze eines EU-Landes. (…) Nur in Tschechien (und der Slowakei) weiterhin nichts. Die Politiker fürchten sich vor den Reaktionen der Wähler, und auch unsere Geschäftswelt wartet noch auf einen John Brown oder Tim Cook. Die tschechische Gesellschaft ist wohl tolerant gegenüber Homosexuellen. Doch jemanden zu tolerieren ist nicht dasselbe wie ihn anzunehmen. (…) Ohne den Mut der Führungsfiguren aus Politik und Wirtschaft bleiben wir auf halbem Wege stehen.“