Blick in die Presse

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Tschechische und deutsche Pressekommentare zur Durchfahrt des Nato-Konvois durch Tschechien, zum Absturz der Germanwings-Maschine und zur Maut

1. 4. 2015 - Text: Josef FüllenbachTextauswahl und Übersetzung: Josef Füllenbach

Populäre Äquidistanz | Die FAZ nimmt die Proteste gegen den demonstrativen „road march“ von Einheiten der US-Armee durch Tschechien zum Anlass, die unklare tschechische Bündnispolitik zu beleuchten: „Der konservative Oppositionspolitiker Miroslav Kalousek warnte vor einer Mobilisierung ‚post-kommunistischer Zombies‘ und Präsident Miloš Zeman, der die Welt der Einfachheit halber in Zemanisten und Deppen einteilt, sprach von ‚antiamerikanischen Idioten‘, die er ebenso sehr bekämpfe wie die ‚antirussischen Idioten‘ auf der anderen Seite. Zeman dürfte der vorherrschenden Stimmung der Tschechen noch am ehesten entsprechen. Sie sind es gewohnt, dass ihre Präsidenten ihre nationale Außergewöhnlichkeit zum Ausdruck bringen (…). Äquidistanz ist populär und Pragmatismus allemal populärer als außen- und sicherheitspolitische Loyalität. Seit der Annexion der Krim und der russischen Intervention in der Ostukraine schlägt die Regierung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka einen ambivalenten Kurs ein, der einerseits darauf bedacht ist, die Partner in der EU und in der Nato nicht zu brüskieren, andererseits darauf dringt, die Sanktionen zu mildern, um Putin milde zu stimmen.“

Voreilige Schlüsse | Die Wochenzeitschrift „Respekt“ stellt kritische Nachfragen zu den bisherigen Ergebnissen der Untersuchungen zum Absturz des Airbus 320 von Germanwings in den französischen Alpen: „Hinsichtlich des Flugs 4U9525 bleiben in jedem Falle unbeantwortete Fragen. Ist der ruhige Atem eines Piloten wirklich ein Beweis dafür, dass er bei Bewusstsein ist? Sollte sich der Atem eines Selbstmörders, der sich mit einer Geschwindigkeit von 800 km/h gegen einen hohen Felsen stürzt, nicht jäh erhöhen? Was wäre, wenn der Kapitän in der Aufregung den Sicherheitscode für die Tür irgendwie vergessen hätte und der Copilot wäre schon nicht mehr imstande gewesen, die Tür zu öffnen? Gibt es nicht in alledem ein Detail, das den Ermittlern bislang entgangen ist und auf die Angelegenheit ein neues Licht werfen könnte? Der rasch veröffentlichte Verdacht ist der Aufklärung nicht förderlich. Ziel der Untersuchung der Flugkatastrophe ist es nicht, einen Täter zu finden (alle sind tot und um einen Terroranschlag geht es nicht), sondern so gründlich wie möglich das Ereignis zu verstehen. Die Ermittler arbeiten, um den Fehler zu entdecken und so das Leben von Menschen zu schützen, die künftig in Flugzeuge einsteigen. Dass dies auf lange Sicht gelingt, deutet die Kurve steigender Flugverkehrssicherheit an; voreilige Schlussfolgerungen in Verbindung mit dem medialen Druck können allerdings den ganzen Prozess verzerren und erschweren.“

Pegida-Vignette | Die Prager „Hospodářské noviny“ nimmt sich die vom Bundestag beschlossene Autobahngebühr vor: „Das deutsche Parlament stimmte einem der unsinnigsten Gesetze der Regierungszeit von Angela Merkel zu. Die Art und Weise, wie der deutsche Gesetzgeber die Autobahnen mit Gebühren für Pkw belegte, ist wirtschaftlich und politisch ein Fehler. (…) Seehofers CSU musste den Wählern zeigen, dass sie die Ausländer nicht verhätschelt. Wenn man, von einer solchen populistischen Wahlkampfüberlegung ausgehend, eine Autobahngebühr bastelt, kann das natürlich nicht gut gehen. Und es ging nicht gut. Es zahlen nur die Ausländer, den Einheimischen wird die Kfz-Steuer entsprechend gekürzt. (…) Der beste Spitzname der Gebühr wäre wohl ‚Pegida-Vignette‘.“