Blick in die Presse

Blick in die Presse

Tschechische Pressekommentare zum Parteitag der Sozialdemokraten und zur Moskau-Nähe von Miloš Zeman

18. 3. 2015 - Text: Josef FüllenbachTextauswahl und Übersetzung: Josef Füllenach

Nächstes Jahr zur Prüfung | Zum Wochenbeginn konzentrierten sich die Kommentatoren auf den Parteitag der regierenden Sozialdemokraten (ČSSD). So auch das der ČSSD nahestehende Blatt „Právo“, das daran erinnerte, dass sich der mit großer Mehrheit wiedergewählte Sobotka nach der Zurückdrängung der innerparteilichen Fronde nun einer noch schwereren Aufgabe zuwenden muss, nämlich „das Regierungsgeschäft fortzusetzen mit einem Partner, dessen politische Macht er in den nächsten Jahren schwächen und nach Möglichkeit aus seiner derzeitigen unnormalen Position der Verbindung von politischer, wirtschaftlicher, finanzieller und medialer Macht in einer Hand herausmanövrieren will. Darin hat Sobotka die Unterstützung der Mehrheit seiner Partei. Das war während des Parteitags aus der Aversion gegen Andrej Babiš abzulesen. Die Prüfung von Sobotkas „ruhiger, aber entschiedener Kraft“, wie er sie definierte, kommt nächstes Jahr mit den Regionalwahlen.“

Gendermäßig bunter | Babišs Prager „Lidové noviny“ urteilt: „Insgesamt setzten die Sozialdemokraten auf Sicherheit. (…) Die ČSSD kam eindeutig zum Schluss, dass es keinen Sinn hat, starrsinnig in den volatilen Gewässern der Mitte oder gar rechts der Mitte zu angeln und setzte auf die erprobten auf der Linken. Was eine gewisse Logik hat, denn wer weiß, ob ein breiteres Ausgreifen nicht mehr Schaden als Nutzen bringt. Zudem stehen 2016 die Regionalwahlen an, bei denen schon letztes Mal die Sozialdemokraten deutlich Stimmen an die Kommunisten verloren haben. Wie eine Wette auf Sicherheit wirkt auch die gewählte Führung. Sobotka konnte sich auf den ersten Blick nichts Besseres wünschen. (…) Aber während die Besetzung gendermäßig bunter ist, ist sie regional unausgewogen. Die stärkere Vertretung Prags geht zu Lasten besonders von Südmähren.“

Wahrhaft schwierig | Die rechtsliberale „Hospodářské noviny“ sieht mit Skepsis auf die Ergebnisse des Parteitags: Es bleibe wenig Substanz, „die ideelle Leere war gut zu erkennen, als Sobotka zur Tafel schritt und die erfüllten Versprechungen markierte. Von der Annahme des Gesetzes über den Öffentlichen Dienst abgesehen ging es nur um die teilweise Demontage der vorangegangenen Reformen der Rechten. Wo bleibt die Rentenreform? Die Gesundheitsreform? Wo eine umfassende Steuerreform? Offenbar reicht Sobotka die Streichung der Gebühren im Gesundheitswesen. (…) Er ist nicht fähig, die Partei mit einem modernen programmatischen Thema zu präsentieren. Die Unternehmen will er nicht mit niedrigen Löhnen locken, die Jungen nicht mit einer guten Kulturpolitik, die Intellektuellen will er nicht mit einer klaren Außenpolitik ansprechen, die Wähler der Grünen nicht herüberziehen mit einer ökologischen Steuerreform. Sobotka will einfach modern sein und gleichzeitig ein traditioneller Sozialdemokrat bleiben. Was wahrhaft schwierig ist.“

Beschämendes Versagen | Das Wochenmagazin „Reflex“ kritisiert die Moskau-Nähe einiger tschechischer Politiker, voran des Präsidenten Zeman: Wenn sich auch im Osten der Ukraine Teile der Bevölkerung gegen die Regierung in Kiew stellten, so sei das „doch mit Hilfe russischer Waffen, militärischer Instruktoren geschehen, und auch Angehörige der russischen Armee wurden eingesetzt, von denen viele dort ihr Leben ließen. Beweise gibt es dafür zuhauf. Der Prager Burg gaben zudem unsere Geheimdienste und die NATO entsprechende Informationen. (…) Dass Putin lügt, ist nicht einmal so überraschend. Er hat das seinerzeit als KGB-Agent gelernt und fährt nur in ‚seiner Arbeit’ fort. Dass ihm seine Behauptungen aber auch einige tschechische Politiker abnehmen, ist ein beschämendes Versagen. Und nicht nur das. Es ist gefährlich für die Stabilität und Sicherheit der Tschechischen Republik.“