Blick in die Presse

Blick in die Presse

Tschechische Pressekommentare zu den Folgen des Attentats in Paris, den Russland-Sanktionen und Zemans Äußerungen gegen eine Integration Behinderter

21. 1. 2015 - Text: Josef FüllenbachTextauswahl und Übersetzung: Josef Füllenbach

Späte Ernüchterung | Die Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“ hält nach den Pariser Attentaten verschärfte Sicherheitsmaßnahmen in Europa für erforderlich: „Der französische Botschafter in den USA, Gérard Araud, (…) erklärte, dass ‚wir uns im Krieg mit dem radikalen Islam befinden’. Die europäischen Länder hatten stets Probleme mit den harten Sicherheitsvorkehrungen, wie sie die Amerikaner nach dem 11. September 2001 einführten. Aber nun steht uns in Europa offenbar eine Ernüchterung aus dem Gefühl bevor, dass die USA es übertrieben hätten. Falls es stimmt, dass sich hier in Europa bis zu 180 Halsabschneider herumtreiben in der Absicht zuzuschlagen, müssen wir es akzeptieren, dass es keinen anderen Weg gibt als alles zu verstärken, was ihre Aktionen verhindern könnte. Ja, es ist ein Krieg, und er wird allem Anschein nach noch lange dauern.“

Putins neue Taktik | Die Prager „Hospodářské noviny“ hält eine Lockerung der Sanktionen gegen Russland für verfrüht: „In der Ukraine wird weiter Krieg geführt. Auch wenn es fraglich ist, ob Wladimir Putin auf die prorussischen Separatisten noch Einfluss hat, so ist es doch klar, dass Moskau für eine mögliche friedliche Konfliktregelung im Rahmen der Übereinkunft von Minsk bei Weitem nicht so viel tut, wie es sollte und könnte. Eher umgekehrt, die Ankündigung von Gazprom, dass es die Lieferung von Gas über die Ukraine nach Europa beenden und stattdessen das Gas über die Türkei leiten will, stellt einen neuen Angriff auf die ukrainische Ökonomie dar. Sollte Mogherini (die Außenbeauftragte der EU, Anm. d. Red.) in Moskau irgendein Entgegenkommen erkannt haben, so waren es ganz sicher die niedrigen Ölpreise und eben die Sanktionen, die zusammen den Rubel auf die Knie und die russische Wirtschaft in die Rezession schickten, was Putin zu einer neuen Taktik bewegte.“

Weise Köpfe gefragt | Das Wirtschaftsmagazin „Ekonom“ kommt hinsichtlich der Wirksamkeit von Sanktionen zu folgendem Schluss: „(…) da ein konventioneller Weltkrieg mit Blick auf die Verbreitung von Kernwaffen undenkbar geworden ist, werden Wirtschaftssanktionen und Sabotage in der Geopolitik des 21. Jahrhunderts wahrscheinlich eine bedeutendere Rolle spielen. Die Sanktionen des Perikles im alten Griechenland führten freilich nicht zur Beilegung des Konflikts, sondern trugen letztlich zur Entfesselung des Peloponnesischen Krieges bei. Wir können nur hoffen, dass in diesem Jahrhundert weisere Köpfe Oberwasser gewinnen und dass Wirtschaftssanktionen nicht zur Gewalt führen, sondern zum Verhandeln.“

Diskussionen eröffnen | Das Wochenmagazin „Týden“ befasst sich mit der von vielen Pädagogen, Politikern und Behindertenvertretern als skandalös empfundenen klaren Positionierung von Präsident Zeman gegen die Inklusion von Behinderten in Regelschulen: „…es kam dann die schon traditionelle Erklärung von Zemans Sprecher, der Präsident habe mit seinen Aussagen eine Diskussion über die inklusive Erziehung anregen wollen. Wenn Sie sich Zemans Äußerung erneut anhören und vielleicht auch mehrmals, werden Sie kaum auch nur die Andeutung eines Versuchs erkennen, eine Diskussion zu eröffnen. Es geht um Zemans Ansicht ohne Fragezeichen. (…) Mit einer ähnlichen Verteidigung trat der Sprecher Ovčáček nach den vulgären Sprüchen von Präsident Zeman im Tschechischen Rundfunk auf (…), dass er mit seinen Worten nämlich die Diskussion über das ‚Schlüsselthema’ eröffnen wollte, ‚ob es überhaupt zulässig ist, von einer solchen Ausdrucksweise in der Politik Gebrauch zu machen’. Miloš Zeman wird noch mindestens drei Jahre auf der Burg sein. Wie viele solcher ‚Diskussionen’ wird er noch eröffnen?“