Zwischen Melancholie und Kritik

Zwischen Melancholie und Kritik

Malereien und Assemblagen von Bedřich Dlouhý im Museum Montanelli

12. 3. 2015 - Text: Peter HuchText: Peter Huch; Foto: MuMo

Mit „Návrat Krále“ – „Die Rückkehr des Königs“ – ist die zweite Werkschau des gebürtigen Pilseners Bedřich Dlouhý im Museum Montanelli betitelt. Diese Überschrift ist nicht übertrieben. Der vielseitig begabte Künstler kann mittlerweile auf über ein halbes Jahrhundert kreativen Schaffens zurückblicken. Ausgestellt sind großformatige Assemblagen und Malereien, die einen Überblick über die Spannbreite von Dlouhýs Kunst geben.

Zu sehen ist beispielsweise ein an den italienischen Renaissance-Maler Giuseppe Arcimboldo erinnerndes Stillleben mit Obst, das bei genauerem Hinsehen Schlangen und faule Früchte offenbart. In den klassisch anmutenden Ölgemälden Dlouhýs kommt auch die moderne Popkultur zum Ausdruck. So taucht Disneys Zeichentrickfilmfigur Donald Duck in zwei der Bilder auf. Ungewohnt melancholisch wirkt er im ersten. Mit geschwollenen, müden Augen sitzt er gedankenversunken und einsam an einem Küchentisch und strickt. Der Besucher sieht einen ernsthaften und vom Leben gebeutelten Enterich. Auf einem anderen Bild zeigt er sich nur schemenhaft. In freier Natur begleitet er eine halbnackte, tanzende Roma am Keyboard. Im Hintergrund dieses mit märchenhaften Motiven durchdrungenen Werkes steht eine noch viel größere Frau, deren Maßstab das des Pärchens weit übersteigt. Die Assemblage schließt am oberen Ende mit roten Backsteinen ab.

Damit sind zwei wesentliche Prinzipien im Schaffen Dlouhýs genannt: Zum einen die innerhalb der Werke vorherrschenden, verdrehten Maßstäbe; zum anderen Dlouhýs Vorliebe für reliefartige Oberflächen, die Einbeziehung dreidimensionaler Objekte in seine Bilder, die damit zu Assemblagen werden. Die Plastiken umfassen nahezu alle Materialien, kleine Metallzylinder, die zu Schiffen umfunktioniert werden, tote Fliegen, plastinierte Fische und Schrauben ebenso wie Elektronik. Kritik an der Gegenwart äußert sich unter anderem in überlebensgroßen, belegten Broten, in denen Spritzen stecken. Ein gelungener Hinweis auf chemische Stoffe in den Lebensmitteln.

Dlouhý zählt zu den bedeutendsten Vertretern der tschechischen Gegenwartskunst. Bereits in jungen Jahren prägte er die Künstlerszene seiner Heimat. In der bedrückenden Atmosphäre der fünfziger Jahre gründete Dlouhý gemeinsam mit anderen Persönlichkeiten wie Karel Nepraš oder Rudolf Komorous die Künstlervereinigung „Šmidrové“. Die Mitglieder der Gruppe knüpften an die Ästhetik des Dadaismus an. Sie veranstalteten grotesk-sarkastische Happenings, die nicht nur gegen die bürgerlichen Konventionen verstießen, sondern vor allem vom kommunistischen Regime misstrauisch beobachtet wurden. Später machte sich der heute 83-jährige Künstler als Grafiker für Filmplakate („Hiroshima mon amour“) einen Namen und lehrte Kunst und Design an der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Ústí nad Labem.

Das Museum Montanelli zeigt einen nicht altersmilde gewordenen Bedřich Dlouhý. Die Werkschau mag auf den ersten Blick überladen wirken, doch bei genauerem Hinsehen offenbaren sich melancholische Werke eines kritischen Künstlers.

Bedřich Dlouhý: Rückkehr des Königs. Museum Montanelli, Nerudova 13 (Prag 1), Eintritt: 80 CZK (ermässigt 40 CZK),
Mi.–So. 14–18 Uhr, bis 3. Mai

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