Wie sich das alles vermischt
Genius Loci

Wie sich das alles vermischt

Zu Besuch in Meißen: Der Ort, wo Europa die Chinesen einholte

12. 12. 2019 - Text: Jiří Peňás, Übersetzung: Josef Füllenbach

Informationen zum Autor und der Serie „Genius loci“

Von Prag aus nach Meißen zu kommen ist recht einfach. Wer fähig ist, den Zug zu benutzen, reist bis Dresden und steigt dann um in eine Regionalbahn, die ungefähr alle zwanzig Minuten abfährt, und nach einer Weile befindet man sich schon auf dem Bahnhof in Meißen.

Früher, zu DDR-Zeiten, gab es von den tschechoslowakischen Gewerkschaften organisierte Ausflüge zur berühmten Meißner Porzellan-Manufaktur, wo den Tschechen das echte tschechische Zwiebelmuster vorgeführt wurde, allerdings stammte es … aus dem sächsischen Meißen. Das Porzellan kommt freilich aus China, wo sie es schon zu Zeiten kannten, als sich die Menschen in unseren Gegenden noch mühsam zur Töpferscheibe vorarbeiteten. In Europa jedoch begann man erstmals in Meißen, Porzellan herzustellen (selbstverständlich hatte man es von den Chinesen stibitzt), wobei die Pfingstrose, die Nationalblume Chinas, durch die Zwiebel ersetzt wurde. Und das blaue Zwiebelmuster ist beiden, den Sachsen und Tschechen, irgendwie nahe, woran eine gewisse Wechselbeziehung zwischen ihnen zu erkennen ist. Diese äußert sich auch in der Beliebtheit Winnetous, der ebenfalls aus dieser Region stammt.

Meißner Porzellan | © Goldi64, CC BY-SA 3.0

Diese Feststellungen werden sicher nicht auf allgemeine Zustimmung treffen, aber derjenige Teil Deutschlands, wo die Elbe aus Böhmen fließt, ist genau genommen nicht Sachsen, wie es der amtliche Namen, nämlich Freistaat Sachsen, nahelegt, sondern das Meißner Gebiet beziehungsweise die Mark Meißen. Und die Deutschen, die in Dresden und um Dresden leben, und damit meine ich die ursprüngliche Bevölkerung, die dort immer noch reichlich vertreten ist, sind im historischen Wortsinne keine Sachsen, sondern Meißner.

Dresden war übrigens ein unbedeutendes Dorf, als in Meißen schon der erste Bischof residierte, der heilige Benno. Dieser zeichnete sich dadurch aus, dass der Kirchenschlüssel, den er nach einem Streit in die Elbe warf, von einem Fisch verschlungen wurde. Und als Benno nach einigen Jahren aus der Verbannung wieder zurückkehrte, fing er diesen Fisch mit dem Schlüssel im Bauch aus der Elbe. Luther, der keinen Sinn für bizarre Mystik hatte, hasste solche Heiligengeschichten, womit er dem Zauber der Religion ziemlichen Schaden zufügte, aber das ist ein anderes Thema.

Auf dem Marktplatz | © JP

Der deutsche Menschenschlag der Meißener entstand in ferner Vergangenheit durch die Vermischung von Elbslawen mit sächsischen Teutonen, unter denen Heinrich der Vogler (Heinrich I.), der Begründer der ottonischen oder sächsischen Dynastie, am meisten herausragte. Zudem war er ein Zeitgenosse, Rivale und dann, nennen wir es ruhig so, ein Verbündeter unseres heiligen Wenzel: Denn von ihm erhielt Wenzel ein Stück der Gebeine des heiligen Veit, so dass wir dank Heinrich I. unseren Veit auf dem Hradschin haben. Heinrich der Vogler stand auch, geben wir es nur zu, in hohem Ansehen bei Heinrich Himmler, der davon phantasierte, in ihm habe sich nach tausend Jahren dieser ostfränkische König verkörpert, was man allerdings Heinrich dem Vogler nicht zur Last legen kann.

Gründung der Burg durch Heinrich I. (Wandbild in der Albrechtsburg) | © JP

Der Geschichtsschreiber Thietmar von Merseburg schreibt in seiner zu Beginn des 11. Jahrhunderts verfassten Chronik, dass Heinrich „auf einem bewaldeten Hügel unweit der Elbe eine Burg errichtete, die er nach einem nördlich des Hügels vorbeifließenden Bach Meißen nannte. Die Stadt versah er mit einer Befestigung und einer Garnison, wie es heute üblich ist. Von der Burg aus zwang er die Milzener, deren Gebiet er beherrschte, zur Zahlung von Tribut.

Jene Slawen in der Region, um die es hier geht, nannten sich nach ihren Stämmen Milzener, Nizaner oder Daleminzier; sie waren ein argloses Volk in Sumpfgebieten, in denen es sich Hütten aus Ruten baute, die von Fischernetzen zusammengehalten wurden, und in Zeiten der Muße huldigte es grob geschnitzten Götzenbildern. Das provozierte die mit eisernen Kreuzen gegürteten, gut organisierten und – wie es ihrem Brauch entsprach – hervorragend bewaffneten Germanen, die hier im zehnten Jahrhundert damit begannen, ihren Drang nach Osten auszuleben. Mit dieser gewiss unfreiwilligen, jedoch letztlich fruchtbaren Vermischung entstand eine besondere Rasse unnachgiebiger Schweinefresser mit braunroten Keulen, die sich bis heute mit einem markanten Dialekt verständigen, aus dem sich der Rest Deutschlands einen Spaß macht, denn auf sie wirkt es angeblich so wie bei uns einst das Osttschechische oder heute eben das Ostrauische. Doch sonst sieht es dort nicht wie in der Ostrauer Gegend aus, es ist dort nämlich behaglich, hübsch und an manchen Orten sogar schön, beispielsweise in jenem Meißen.

Weinberg bei Meißen | © CC0

Ja, Meißen ist ein schöner Ort, was nur ein ästhetischer Ignorant leugnen kann. Am schönsten ist der Anblick von der Elbbrücke, von wo Meißen ein wenig an den Vyšehrad erinnern könnte, sofern freilich jemand zur St.-Peter-und-Pauls-Basilika noch eine gewaltige Burganlage bauen würde. Diesen Hügel, auf dem die gotische Kathedrale und das Renaissance- oder spätgotische Schloss der Albrechtsburg, angeblich der erste Schlossbau in Deutschland, nennt man aus Gründen der Werbewirksamkeit auch „sächsische Akropolis“. Zwar können wir das mit Zurückhaltung aufnehmen, aber ein Körnchen Wahrheit liegt schon darin.

Burgberg von der Elbbrücke aus gesehen | © JP

Der Weg hinauf ist ganz passabel, man kann mehrere Pausen einlegen, um sich an dem Anblick zu ergötzen, den Meißen einem bietet. Die Altstadt unter dem Burgberg ist vorbildlich erhalten und in den vergangenen Jahrzehnten komplett restauriert worden, dabei irgendwie gemütlich, menschlich und in jeder Hinsicht angenehm, so dass sich bei den an unsere Verhältnisse gewohnten Tschechen Verzagtheit einstellt. In der winterlichen Nachweihnachtszeit ist es hier an den Wochenenden ziemlich menschenleer, was dem Besuchserlebnis zugute kommt. Die Priependächer sind rot, also keineswegs grau, wie in anderen protestantischen Gegenden Deutschlands, und erinnern an die Dächer der Prager Kleinseite. Die Wege nach oben sind gepflegt und dezent gestreut, kleine Futtertröge für die Vögel gefüllt, zierliche Schleifen in Gelbschwarz (den Farben des Wettiner Herrschergeschlechts) aufgefrischt.

Aufstieg zum Burgberg | © JP

Die Kathedrale, Sitz des Bischofs seit dem Jahre 968, ist ein Werk reifer Zivilisation des deutschen Mittelalters, mit dem wir vieles gemeinsam haben, zum Beispiel die Gotik. Die Türme an der Stirnseite sind jedoch neugotisch, erst vom Ende des 19. Jahrhunderts, womit sie eher unserem Vyšehrad gleichen oder etwa dem Petrov in Brünn mit der St.-Peter-und-Paul-Kathedrale oder dem St.-Wenzels-Dom in Olmütz.

Die Albrechtsburg, benannt nach einem der Wettiner, ist in der Tat mächtig. Mit der Eintrittskarte bekommt man auch einen Audioführer in tschechischer Sprache dazu, bloß enthält der ungefähr 150 Positionen, so dass man nur noch durch die unendlichen Säle läuft, in denen die sehr späte Gotik in die Renaissance übergeht und wieder zurück zur Spätgotik. Mitunter wird der Besucher all dieser Gewölbe und Drehungen müde, dann sucht er nach einem Fenster mit Ausblick auf die Elbe, die sich hier schon ziemlich majestätisch durch die Landschaft windet.

Nur sind wir damit noch nicht am Ende, denn was man unmöglich in Meißen außen vor lassen kann, ist … das Porzellan. Damit verhält es sich wie folgt: Die ersten Stücke brachte angeblich im Jahre 1290 Marco Polo aus China, wo man es schon tausend Jahre kannte, nach Europa. Weitere 500 Jahre mühten sich die Europäer vergeblich, der Technologie, mittels derer diese harte, zerbrechliche und durchscheinende Substanz hergestellt wird, auf die Spur zu kommen. Mit Schiffen portugiesischer, holländischer, britischer und französischer Gesellschaften gelangten fortwährend Statuen, Krüge, Teller und Schüsseln nach Europa, welche die Chinesen hervorbrachten wie Baťa die Turnschuhe – die technisch rückständigen Europäer konnten da nur sprachlos staunen.

Die Italiener am Hofe der Medici bemühten sich, ebenso die Franzosen, aber deren porcelaine de pâte tendre war, wie der Name schon sagt, allzu zerbrechlich und das Material glasig. Und die Engländer plagten sich ab und versuchten es mit Kaliumphosphat und mit Knochenpulver, doch war auch das nicht das Richtige. Der Unterschied zwischen der Feinheit und der Eleganz des chinesischen Porzellans – hergestellt aus Kaolin, einem aus den Gaoling-Bergen geförderten Stoffes – und der Imitation war auf den ersten Blick und beim Berühren offenbar.

Figuren aus Meißner Porzellan | © JP

Es mussten erst zwei Deutsche darauf kommen … Der sächsische Kurfürst August der Starke war in mancher Hinsicht unserem Rudolf II. [1552-1612; Habsburger und letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der in Prag residierte; Anm. PZ] ähnlich, doch mit dem Unterschied, dass die geistige und körperliche Konstitution des Kurfürsten bei Weitem gefestigter war. Er war ein robuster Herrscher, ein Wüstling mit einer Vielzahl von unehelichen Kindern – jedoch ein kunstliebender, wissbegieriger Mensch, erpicht auf schöne Dinge.

Gerade er war es, dem Dresden seine Schönheit verdankt (bis 1945). Und dieser beleibte Herrscher hielt in seinen Diensten auch Alchemisten, unter denen ein gewisser Johann Friedrich Böttger war, der zunächst in Berlin wirkte, wo er sich zum Beispiel darum bemühte, Silbermünzen in Gold zu verwandeln, was ihm bei einer Vorführung daneben ging, so dass sich der Experimentator durch Flucht retten musste. Der sächsische Kurfürst bot ihm Asyl an sowie die Möglichkeit, seine Versuche zur Herstellung von Gold in Dresden fortzusetzen. Ein bei Weitem seriöserer Wissenschaftler, Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, überredete Böttger zu einer Arbeit, die erfolgversprechender schien: zur Lösung des Geheimnisses um die Herstellung von Porzellan.

Im Jahre 1708 kam Böttger darauf, dass der Ton, der unweit des sächsischen Städtchens Aue am Nordhang des Erzgebirges gefördert wurde, dem chinesischen Kaolin auffällig glich. Und in der Tat! Schon nach zwei Jahren entstand die erste sächsische königliche Manufaktur genau hier auf der Burg in Meißen. Unter Androhung der Todesstrafe wurde auf der abgeschlossenen Anhöhe die Produktionsformel des Meißner Porzellans gehütet, des ersten vollwertigen Porzellans made in Europe. Die Chinesen waren eingeholt!

Blick vom Meißner Dom auf die Elbe | © NoRud, CC BY-SA 4.0

Der Artikel ist im Original unter dem Titel „Jak se to všechno mísí v Míšni. Místo, kde Evropa dostihla Číňany“ in der Ausgabe 2 vom 10. Januar 2019 der Wochenzeitschrift „Echo“ erschienen.

Kommentare

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  1. Der gesamte Beitrag ist sehr gelungen. Er beleuchtet nicht nur das Geschehen
    um die Manufaktur Meissen, sondern auch die gemeinsame 1000-jährige Geschichte des Meissner Landes und dem Land Böhmen, die mit Sicherheit schon vor den Aufzeichnungen des Thietmar von Merseburg stattgefunden hat und die sich, wie wunderbar beschrieben, bis heute in vielen Dingen widerspiegelt, Architektur, Lebensgefühl und immer wieder das Zurückfinden auf einen gemeinsamen Weg trotz geschichtlicher Widrigkeiten. Dem Verfasser gebührt mehrfacher Dank.

  2. Johann Friedrich Böttger – Erfinder des europäischen Porzellans? –

    In Dresden und Meißen erinnert auch heute noch viel an Böttger und wenig an von Tschirnhaus. In beiden Städten stehen Gedenksteine allein für den Porzellanerfinder Böttger.
    Der Naturforscher, Mathematiker und Physiker Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, Schöpfer der ersten großen Brennspiegel und Brennlinsen, ist Gründer der ersten sächsischen Glashütte und Initiator zur Schaffung einer deutschen Porzellanindustrie. Dieser Gelehrte war auch ein bahnbrechender Philosoph der deutschen Frühaufklärung.

    Von Tschirnhaus wurde am 10.4.1651 in Kieslingswalde bei Görlitz geboren. Er erhielt im Elternhaus, auf dem Gymnasium in Görlitz und beim Studium an der Universität Leiden eine bestmögliche Ausbildung. Eine anschließende ”Kavalierstour” nach England, Frankreich und Italien (1674–1679) machte ihn mit führenden Gelehrten seiner Zeit bekannt, in den Niederlanden mit Baruch de Spinoza und Christiaan Huygens sowie in England mit Isaac Newton und Henry Oldenburg. In Paris schloss er enge Freundschaft mit dem Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz, und es folgte ein umfangreicher Briefwechsel.

    Als erster Deutsche wu­rde von Tschirnhaus 1682 auswärtiges Mitglied der Pariser Akademie der Wissenschaften. Er baute große Brennspiegel, stellte die größten Brenngläser seiner Zeit her und erzielte Ergebnisse, von denen zeitgenössische Berichte geradezu Märchenhaftes zu erzählen wissen. Für diese Leistungen erhielt von Tschirnhaus 1692 den Titel eines kurfürstlichen Rates. Einige seiner Brennspiegel und Brennlinsen sind noch heute in verschiedenen Museen, in Dresden, München und Kassel zu sehen.

    Im Februar 1694 berichtete von Tschirnhaus in Briefen an Leibniz über seine Experimente und erwähnte dabei, dass diese ihn auf den Gedanken gebracht hätten, Porzellan zu bereiten. Die Chinesen hatten dieses Geheimnis schon im 7. Jahrhundert entschlüsselt.Von 1697–1699 machte von Tschirnhaus weitere systematische Versuche zum chemischen Verhalten von Erden und Silicaten bei hohen Temperaturen. Schon 1704 wies er dem Sekretär Leibnizens Stücke seiner Porzellanerzeugnisse vor, wobei dieser erläuternd sagte: ”die Chinesen könnten ohnmöglich den Porcelan anders als auf seine Manier machen.”Von Tschirnhaus hatte daraufhin dem Landesherren, König August II. dem Starken, einen Entwurf zur Errichtung einer Porzellanfabrik vorgelegt, der aber in eine politisch ungünstige Zeit fiel (Großer Nordischer Krieg, 1700–1721) und deshalb ohne Folgen blieb. 1706 verzichtete August der Starke auf die polnische Krone und kehrte nach Sachsen zurück.

    Kurz danach kam nun der aus Berlin geflüchtete Apothekergehilfe und Alchemist Johann Friedrich Böttger (1682–1719) nach Dresden, der in Berlin insgeheim alchemistische Versuche betrieben und seinem Chef 1701 eine angeblich völlig ”geglückte Probe” seiner Goldmacherkunst vorgelegt hatte. Als auch August der Starke davon hörte, verlangte er die Einziehung des ”Kerls”. Böttger floh, wurde aber auf der Flucht in Gewahrsam genommen und nach Dresden zurückgebracht, wo er jahrelang unter strenger Aufsicht Gold herstellen sollte, was ihm natürlich nicht gelingen konnte.

    1704 wurde nun auch von Tschirnhaus zur Beaufsichtigung des Goldmachers herangezogen. Wahrscheinlich hatte es Böttger dem Gelehrten zu verdanken, dass er nicht das harte Schicksal früherer alchemistischer Glücksritter teilen musste, indem ihn von Tschirnhaus zu seinen Experimenten heranzog. Böttger wollte davon aber nichts wissen und sträubte sich noch bis September 1707 gegen eine Mitarbeit. Er wolle sich nicht „in die Porcellain-Arbeit melieren, die Tschirnhausens Angelegenheit sei.“ Erst auf höheren Befehl begann Böttger die Mitarbeit.

    Im Dezember 1707 kam der König in das neue, für von Tschirnhaus eingerichtete Forschungslaboratorium in den Kasematten der Venusbastei (heute Brühlsche Terrasse) und ließ sich die Erfindung vorführen.Unter von Tschirnhaus’ Oberleitung wurden die planmäßigen Versuche mit verschiedenen Erden fortgesetzt, wobei mehrere Freiberger Berg- und Hüttenleute mitwirkten. Das Jahr 1708 brachte einen wesentlichen Fortschritt der Arbeit, da sich zwei Mineraliensendungen als besonders geeignet erwiesen: Eine gelieferte Probe Kaolin bei Schneeberg und ein Alabaster als Flussmittel. August der Starke ernannte von Tschirnhaus zum Geheimen Rat und Direktor der zu gründenden Manufaktur und verfügte, „daß wir dem Herrn von Tschirnhausen 2561 Thaler haben auszahlen lassen… .“ Von Tschirnhaus allerdings bat, diesen Titel erst nach Anlaufen der Fertigung führen zu dürfen.

    Das Schicksal wollte es jedoch, dass der Leiter des Ganzen plötzlich starb. Am 11.10.1708 wurde Ehrenfried Walther von Tschirnhaus von der roten Ruhr dahingerafft.
    Drei Tage nach von Tschirnhaus’ Tod berichtete Böttger in einer Meldung an den Statthalter Egon Fürst von Fürstenberg von einem Einbruch in dessen Haus, bei welcher Gelegenheit ein von Tschirnhaus gefertigter kleiner Porzellanbecher abhanden gekommen sei. Dieser Bericht ist ein besonders wichtiges Zeugnis, denn hier bestätigt Böttger selbst, dass es sich um ein echtes Porzellanerzeugnis von Tschirnhaus handelt.

    Bis zum 20.3.1709 ruhten die Porzellanarbeiten, dann traf Melchior Steinbrück in Dresden ein. Steinbrück war der Hauslehrer der Familie von Tschirnhaus und hatte nun die Aufgabe, den Nachlass zu sichten. Am 20.3.1709 unterzeichnete Steinbrück vor einem Notar die Aufstellung des Nachlasses von Tschirnhaus` und traf in diesen Tagen mit Böttger zusammen, der dann plötzlich am 28.3.1709 – also nur acht Tage später – dem König die Erfindung des Porzellans meldete. Böttger wurde Leiter der ersten Porzellan-Manufaktur Europas. Er ernannte Steinbrück zum Inspektor, dieser heiratete dann Böttgers Schwester.

    Peter Mohrenthal aus Dresden schreibt 1732:
    „Ganß Sachsen wird so leicht den Herrn von Tschirnhausen nicht vergessen, und sein Ruhm wird ewig bestehen, so lange nehmlich, als die Porcellain-Fabriqve in Meißen welche nächst der Chinesischen, ihres gleichen in der Welt nicht hat,… Denn eben der Herr von Tschirnhausen ist derjenige, so die Massam zu Porcellain am ersten glücklich gefunden, und hat sie nach ihm der bekannte Bötticher völlig ausgearbeitet… Der Tod nehmlich unterbrach alle schönen Bemühungen des Herrn von Tschirnhausen, welche die Welt nicht mit Golde bezahlen kann.“
    (P.G.Mohrenthal: Lebens-Beschreibung des Welt-berühmten E.W.von Tschirnhaus in gleichen Nachrichten von seinen Schriften und seltenen Erfindungen. In: Curiosa Saxonica, Drittes repoitorium Probe 38 und 39.Dresden 1731).





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