Wer war eigentlich Adléta Míšeňská?
Prager Orte und ihre Namen: Königin von Böhmen und mutige Kämpferin auf der Kleinseite
13. 4. 2016 - Text: Friedrich GoedekingText: Friedrich Goedeking; Foto: Philipp Schöner
Wer die Karlsbrücke in Richtung Kleinseite überquert und in die erste Straße rechts einbiegt, findet sich in der mit Kopfsteinen gepflasterten Gasse Míšeňská wieder. Sie trägt den Namen von Adléta Míšeňská, auf Deutsch Adelheid von Meißen (1160-1211). Ihr Mann Ottokar I. Přemysl gilt den Tschechen als bedeutender Herrscher. Nach schweren Krisen verschaffte er dem Land Stabilität und Anerkennung – und die Erhebung zum erblichen Königreich.
Seine Frau hat dagegen in der tschechischen Geschichtsschreibung kaum Beachtung gefunden, obwohl sie selbstbewusst für ihre Rechte kämpfte, statt sich demütig und bescheiden den Erwartungen und Normen der mittelalterlichen Männergesellschaft zu fügen. Energisch machte sie ihre Ansprüche auf den Thron geltend und stritt jahrelang für ihr Recht und das ihrer vier Kinder, um das sie sich durch Ottokar betrogen sah.
Fast ein Vierteljahrhundert hatte Ottokar I. um seine Anerkennung als Herrscher von Böhmen gekämpft. Mehrmals musste er in Meißen um Asyl bitten, weil sogar die eigenen Verwandten ihm nach dem Leben trachteten. Als er 1173 zum ersten Mal nach Meißen floh, verliebte er sich dort in Adelheid, die Tochter des Markgrafen, die er später heiratete.
Ihre Eltern lehnten die Verbindung zunächst ab, da Ottokar in ihren Augen keine lohnende Partie darstellte. Doch es war offensichtlich eine Liebesheirat, die die beiden 20 Jahre miteinander verband. Vier Kinder gingen aus der Ehe hervor. Zwei Jahrzehnte unterstützte Adelheid ihren Mann im Kampf um die Herrschaft in Böhmen.
Ausgerechnet als sich Ottokar 1198 die böhmische Königskrone endgültig sichern konnte, betrieb er die Scheidung. In einem Schreiben an Papst Innozenz III. nannte er die enge verwandtschaftliche Beziehung zu Adelheid als Grund für die Trennung. Er bekannte dem Papst, dass ihn deshalb ein schlechtes Gewissen belaste. In Wahrheit wollte Ottokar seine Macht festigen und erweitern. Dabei war ihm das Königreich Ungarn ein willkommener Bundesgenosse. Dessen Unterstützung wollte er sich durch die Heirat mit Prinzessin Konstanze, der Schwester des ungarischen Königs, sichern. Während der Papst seine Entscheidung hinauszögerte, überzeugte Ottokar den Prager Erzbischof, die Ehe mit Adelheid aufzulösen und die Verbindung mit Konstanze zu legitimieren. Adelheid musste mit ihren vier Kindern Prag verlassen und nach Meißen zurückkehren.
Offensichtlich hatte Ottokar damit gerechnet, dass sich Adelheid seinen Wünschen fügen würde. Doch sie war nicht bereit, auf ihre Stellung als Königin von Böhmen zu verzichten. Vor allem wollte sie nicht hinnehmen, dass ihre vier Kinder mit der Scheidung für unehelich erklärt und ihre Rechte als Thronerben verloren gehen würden. Auch sie wandte sich an den Papst und an den römisch-deutschen König Philipp von Schwaben. Dieser zwang Ottokar 1205, Adelheid wieder als rechtmäßige Ehefrau anzuerkennen. Sie kehrte als Königin von Böhmen mit den vier Kindern auf die Prager Burg zurück. Als aber im gleichen Jahr Konstanze dem König einen Thronfolger gebar, schickte Ottokar Adelheid mit ihren Kindern wieder zurück nach Meißen. Nachdem auch der Papst nach langem Zögern 1210 die Legitimität der Ehe Ottokars mit Konstanze anerkannt hatte, starb Adelheid dort ein Jahr später enttäuscht und verbittert im Kloster des Heiligen Kreuzes.
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