„Warum bin ich wie Scarlett Johansson?“

„Warum bin ich wie Scarlett Johansson?“

Schauspielerin Petra Hřebíčková über schwierige Vergleiche, flache Komödien und schöne Nacktszenen

27. 3. 2013 - Interview: Klaus Hanisch

Trotz Ihrer zahlreichen Rollen im Theater und in Filmen sind Sie den meisten Tschechen anscheinend vor allem aus TV-Serien und Sitcoms bekannt. Täuscht der Eindruck?
Hřebíčková: Nein, er täuscht nicht. Richtig wahrgenommen haben mich die Leute erstmals durch die Serie „Ulice“. Dabei hatte ich zunächst große Bedenken bei allzu langen Serien. Aber es war eine sehr gute Erfahrung in meinem ersten Jahr in Prag. Länger wollte ich ursprünglich auch gar nicht hier bleiben, um beim Publikum und bei Direktoren bekannter zu werden.

Man hört von Schauspielern oft, eine Rolle in einer Serie sei gut für den Geldbeutel und die Popularität, nicht aber für den eigenen künstlerischen Anspruch.
Hřebíčková: Das stimmt. Man muss sehr vorsichtig sein. Ein Schauspieler sollte nicht allzu lange in einer Serie mitspielen.

Beim Festival in Znojmo spielten Sie in „König Arthur“, einem Vorläufer heutiger Musicals aus dem 17. Jahrhundert. Im Prager Švanda-Theater stehen Sie gerade in dem modernen Stück „Gottland“ auf der Bühne. Hinzu kommen Filme und Serien. Sind Sie ein Arbeitstier?
Hřebíčková: Ich liebe die Vielfalt in meiner Arbeit. Wenn ich längere Zeit das Gleiche machen muss, fange ich an, mich zu langweilen. Besser gesagt: Ich brauche stets eine neue Motivation. Man wird faul, wenn man zu schnell mit sich und seiner Arbeit zufrieden ist. Deshalb ist es wichtig, mit verschiedenen Theatern und Direktoren zu arbeiten. Obwohl ich in meinen Jahren in Zlín für alles viel mehr Zeit hatte und mich zunächst ein wenig vor Prag und seiner Mobilität fürchtete.

Für das Modemagazin „InStyle“ haben Sie auch noch als Model gearbeitet. Also doch ein Workaholic?
Hřebíčková: Weder Workaholic noch Alcoholic! (lacht) Man fragte mich, ob ich mal diese Erfahrung machen wollte. Als 16-Jährige habe ich zu Hause in Hodonín für mich zum Spaß gemodelt. Für das Magazin habe ich nur eine Ausnahme gemacht. Die Schauspielerei ist eine größere Herausforderung für mich.

2006 spielten Sie eine Rolle in dem Film „Ich habe den englischen König bedient“ von Jiří Menzel. Wie empfanden Sie die Zusammenarbeit mit der Legende, die kürzlich 75 Jahre alt wurde?
Hřebíčková: Er war sehr schüchtern und menschlich. Doch er weiß immer genau, was er will. Und er hat die Gnade, immer den richtigen Typ von Leuten für seine Filme auszuwählen. Ich dachte zuvor, ich sei nur eine Theaterschauspielerin, weil mein Professor an der Universität meinte, ich schiele zu sehr für eine Filmkamera. Dann suchte Jiří Menzel in allen Städten Tschechiens nach geeigneten Darstellern. Er wählte mich aus. Es war mein erster Film und ich war sehr ängstlich wegen der Nacktszene darin. Doch Menzel schafft immer die richtige Atmosphäre. Er machte mir klar, dass es keine schmutzige Szene sei. Dadurch wurde ich relaxter.

Showbiz.cz hat diese Szene ins Internet unter die 100 erotischsten Szenen des tschechischen und slowakischen Films der letzten 70 Jahre gestellt. Ärgert Sie das?
Hřebíčková: Es macht mich sogar ein bisschen stolz. Denn es ist eine freundliche menschliche Szene. Und wenn die Leute ihre Freude daran haben…

Zuschauer vermuten nicht unbedingt, dass Schüchternheit dem Naturell eines Schauspielers entspricht.
Hřebíčková: Ich bin im alltäglichen Leben eher schüchtern. Und als Schauspieler weiß man nie, wie das Publikum sein wird. Doch auf der Bühne kann ich mich hinter einer Rolle verstecken. Dort ist zudem alles nur ein Spiel, anders als im Leben.

Jan Hřebejks Drama „Kawasaki’s Rose“, in dem Sie eine Hauptrolle spielten, wurde im Jahr 2011 als tschechischer Beitrag ins Oscar-Rennen um den besten ausländischen Film geschickt. Waren Sie enttäuscht, dass er nicht auf die Shortlist landete?
Hřebíčková: Ich war zunächst einmal überrascht, dass er überhaupt dafür vorgesehen war. Danach ist man natürlich ein wenig enttäuscht, weil man immer will, dass der eigene Film der beste ist.

Sie spielten nacheinander in einem Kino-Drama („Proměny“, 2009), einem Thriller („D2“, 2010) und in einer Komödie („Muži v naději“, 2011). Was liegt Ihnen am meisten?
Hřebíčková: Weder noch. Mir gefällt einfach der stete Wechsel. Ich habe in vielen Komödien mitgewirkt, aber sehr gut waren vielleicht nur zwei oder drei. Und die mochte ich auch. Dadurch habe ich aber erkannt, dass wirklich intelligente Komödien ein ganz schwieriges Feld sind. Daher bin ich auch hauptsächlich in Dramen zu sehen.

In einem internationalen Ranking taucht Ihr Name unter den berühmtesten tschechischen Schauspielern auf. Fühlen Sie sich auch wegen Ihrer vielen anderen Arbeit als Star in dem kleinen Švanda-Theater?
Hřebíčková: Ich stehe tatsächlich in solch einer Liste? (lacht) Nein, ich bin nicht der Star des Ensembles und glaube auch nicht, dass ich in Tschechien viel populärer als die anderen Schauspieler des Švanda-Theaters bin. Zumindest empfinde ich es nicht so. Aber ich freue mich schon, wenn man mir eine herausragende Position in dem Theater zuerkennt.

Seit einem Jahr sind Sie Botschafterin für die Hilfsaktion „Fragilis“. Müssen sich bekannte Künstler auch aus Prestigegründen sozial engagieren?
Hřebíčková: Wir leben in einem Medienzeitalter und solche Projekte benötigen ein bekanntes Gesicht. Doch für mich ist das keine Pflichtaufgabe, sondern eine Herzensangelegenheit. Fragilis kümmert sich um benachteiligte Menschen und fördert ihre gesellschaftliche Integration. Mit Projekten in Tschechien, aber auch weltweit. Es geht dabei vor allem auch um eine bessere Bildung für Kinder. Das ist für mich eine neue und ganz andere Erfahrung. Zum Beispiel, als wir in Indien darüber einen Kurzfilm drehten und ich diese Probleme vor Ort kennenlernte. Ich würde gerne mehr helfen können.

In „Gottland“ verlieren Sie am Ende Ihren Job als Museumsführerin. Bangen Sie angesichts steter Subventionskürzungen für die Kultur manchmal auch ein wenig um die Fortsetzung Ihrer künstlerischen Arbeit?
Hřebíčková: Jeder Künstler befindet sich in einer anderen Situation. Es hängt natürlich in erster Linie davon ab, wie man beschäftigt wird und wie viel man verdienen kann. Geldprobleme haben vor allem unabhängige Produktionen, aber gerade sie planen oft die interessantesten Projekte. Deshalb wird sich auch an Prager Theatern immer mehr der Mainstream durchsetzen, Komödien etc.. Und man hat immer weniger Zeit für einzelne Produktionen.

Würde Sie daher mal eine Arbeit im Ausland reizen?
Hřebíčková: Ich hatte vor kurzem ein Casting für eine sehr schöne Rolle in einer deutsch-tschechischen Film-Koproduktion, ein wenig nach dem Vorbild von „Twin Peaks“. Aber ich hatte letzten Endes dann doch leider keine Zeit dafür.

Sie sind erst 33 Jahre alt. Welche konkreten Pläne haben Sie für die Zukunft?
Hřebíčková: TV Nova setzt „Helena“ noch einmal fort. Dazu spiele ich zwei Monate lang als Gast im Prager Schauspielklub. Schon wieder in einer Komödie – aber in einer wirklich sehr verrückten. Und dann beginnen in wenigen Tagen die Dreharbeiten für eine TV-Krimiserie, in der ich eine investigative Reporterin spiele. Sehr interessant ist für mich, dass mir Theater-Direktoren verschiedenste Rollen und Charaktere anbieten, während das Fernsehen in mir offenbar immer den gleichen Typ sucht.

Möglicherweise deshalb, weil Sie nicht nur den Leiter des Švanda-Theaters wegen Ihres Aussehens und einer geradezu magischen Ausstrahlung an Scarlett Johansson erinnern. Für Sie ein Kompliment?
Hřebíčková: In jedem Fall besser, als wenn man mich mit Quasimodo vergleichen würde…Es ist mir im Prinzip völlig egal. Wenn ich Scarlett Johansson im Fernsehen oder einem Magazin sehe, weiß ich eigentlich nicht, warum man mich mit ihr vergleicht. Aber vor einiger Zeit erhielt ich tatsächlich einen Anruf eines Kaliforniers, der mich zu einem Treffen mit ihr bei einer Fashion-Show einlud. Er meinte es anscheinend ernst, doch nach meiner Frage, ob Scarlett Johansson schon davon weiß, war das Gespräch schnell beendet.

Das Gespräch mit Petra Hřebíčková führte Klaus Hanisch im Café des Švanda-Theaters. Dort ist sie derzeit unter anderem in den Stücken „Gottland“, „Frankenstein“, „Crash u potoka“ und „Řemeslníci“ zu sehen.

Zur Person
2009 war ein Wendejahr in der Karriere der tschechischen Schauspielerin Petra Hřebíčková. Für ihre Darstellung in „Maryša“ erhielt sie den Thalia-Preis, den „Oscar der tschechischen Theaterwelt“. Danach wechselte sie vom Stadttheater Zlín, wo sie zwischen 2003 und 2009 spielte, zum Ensemble des Prager Švanda-Theaters. Dies hatte wiederum vermehrt Rollenangebote für Filme und TV-Serien zur Folge. Schon 2006 besetzte sie Tschechiens wohl berühmtester Regisseur Jiří Menzel in seinem Film „Ich habe den englischen König bedient“. Petra Hřebíčková wurde 1979 in Hodonín geboren, absolvierte die Handelsakademie und anschließend die Schauspiel-Akademie in Brünn. Erste Bühnenerfahrungen sammelte sie ab 2002 im Brünner Polárka-Theater sowie im Prager Schauspielklub (Činoherní klub) und ABC-Theater. Zudem arbeitete Hřebíčková auch als Synchronsprecherin.