Von toten Sponsoren und fehlender Kontrolle

Von toten Sponsoren und fehlender Kontrolle

Internationale Anti-Korruptions-Organisationen fordern mehr Transparanz auf den tschechischen Parteikonten

16. 4. 2014 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: ČTK

Dass in Tschechien auch einem ernsten Thema wie der Parteienfinanzierung mit Humor begegnet wird, beweist die Sitzung des parlamentarischen Kontrollausschusses am vergangenen Donnerstag. Für Schmunzler sorgte der Finanzbericht der konservativen TOP 09. Dort ist nachzulesen, dass die Partei im Zuge der vergangenen Parlamentswahlen eine unentgeltliche Unterstützung im Wert von fünf Millionen Kronen von der politischen Konkurrenz, der SPOZ, erhalten hat. Die Schwarzenberg-Partei hat sich damit einen Witz erlaubt, denn die unentgeltliche Spende ist in Wirklichkeit die Anti-Kampagne gegen Ex-Finanzminister Miroslav Kalousek, den die damalige Zeman-Partei auf ihren Wahlplakaten abgebildet hatte. Der Vorsitzende des Kontrollausschusses Vladimír Koníček kündigte dennoch an, die Sache näher überprüfen zu wollen, es fehle der vorgeschriebene Spendenvertrag.

Dass die Haushaltspolitik der tschechischen Parteien bei Weitem nicht nur Grund zum Feixen bietet, darauf weist GRECO hin, eine Staatengruppe des Europarats, die gegen Korruption in der EU vorgeht. „Auffallend ist vor allem der fehlende Fortschritt bei der Einrichtung eines unabhängigen Kontrollmechanismus für die Finanzierung politischer Parteien“, ist in dem Bericht zu lesen, den GRECO Anfang des Monats herausgab.

Bereits seit drei Jahren moniert GRECO die fehlende Transparenz hinter den parteilichen Geldflüssen. Tschechien wurde deshalb ein Maßnahmenkatalog von insgesamt neun Punkten empfohlen. Der wurde nun das dritte Jahr in Folge nicht erfüllt. Ende 2012 wurde zwar ein Gesetzesentwurf vorgelegt, aber die wichtigste Forderung von GRECO – die nach einem unabhängigen Kontrollorgan – ließ man außen vor.

Einen Grund für die Verflechtung von Politik und Wirtschaft sehen Experten in der eigentlichen Genese des heutigen Parteiensystems. Nach der politischen Wende entstanden in der damaligen Tschechoslowakei die Parteien buchstäblich aus dem Nichts und konnten – bis auf die Kommunisten – weder große Mitgliederzahlen vorweisen, die die Partei mit Beiträgen finanzierten, noch auf finanzielle Rücklagen oder Immobilien zurückgreifen. Die fehlenden Gelder kamen – neben staatlichen Zuschüssen – aus privater Hand. Und so wurden die tschechischen Steuerzahler über die Jahre Zeugen hanebüchener Spendenskandale.

Die ODS etwa gab an, Millionen von längst Verstorbenen bekommen zu haben. Präsidentschaftskandidat Miloš Zeman erhielt großzügige Finanzspritzen von ungenannten Spendern. Der Kritik entgegnete Zeman damals, er warte, bis die Bank ihm die Identität der Sponsoren offenlege – auf eine Erklärung wartet die Öffentlichkeit bis heute.

Dem fehlenden Willen der Politiker begegnen NGOs mit Eigeninitiative. Transparency International (TI) hat bei den vergangenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen die Kampagnenfinanzierung überprüft. Die Ergebnisse seien „alarmierend“, ist im TI-Bericht nachzulesen. Man pocht auf die Umsetzung der GRECO-Maßnahmen.

Da die Einführung eines unabhängigen Kontrollamts auf Eis gelegt wurde, fordert Radim Bureš von Transparency International um so vehementer die Einführung eines Rotationsprinzips bei den Finanzkontrolleuren, transparente Bankkonten für jegliche Parteifinanzen und die Prüfung parteieigener Firmen. „Gleichzeitig bleibt weiterhin die Frage im Raum, wer die Kontrollen durchführen soll. Im Moment macht das ein Team aus Auditoren und Abgeordneten, das ist völlig unzureichend“, fügt Bureš hinzu.

Auch bei den kommenden Europawahlen wird Transparency International überwachen, ob sich die Parteien an die Spielregeln halten. Neben der Analyse von Geldströmen und Recherchen in den Parteizentralen setzt die NGO diesmal auf ein neues Mittel. Die Bürger sind angehalten, große Werbetafeln mit Wahlplakaten zu fotografieren, und die Fotos auf eine interaktive Karte im Netz hochzuladen. Bei den vergangenen Wahlen musste TI feststellen, dass die Parteien für verdächtig wenig Geld verdächtig viel Werbefläche bekamen. Wer daraus welchen Vorteil zieht, ist bei dieser Art von Parteienfinanzierung kaum nachvollziehbar.