Verkehrsminister in der Kritik

Verkehrsminister in der Kritik

Autobahn von Brünn nach Wien löst heftigen Streit aus. ODS fordert Rücktritt

2. 10. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: My Friend

Sollen zwei oder vier Fahrspuren Südmähren mit Österreich verbinden? Über diese Frage ist in der vergangenen Woche in Tschechien ein Streit entbrannt. Die Bürgerdemokraten (ODS) forderten Verkehrsminister Antonín Prachař (ANO) zum Rücktritt auf, Premier Bohuslav Sobotka (ČSSD) stellte sich hinter ihn.

Auslöser des Streits war eine eigentlich frohe Botschaft. Nach einem Treffen Prachařs mit dem Landeshauptmann von Niederösterreich Erwin Pröll (ÖVP) hatten die beiden Politiker angekündigt, ab 2018 solle es eine bessere Straßenverbindung zwischen Brünn und Wien geben. Prachař versteht darunter aber offenbar nicht unbedingt eine durchgehende Autobahn, was in Südmähren umgehend auf Protest stieß.

Der südmährische Kreishauptmann Michal Hašek (ČSSD) kritisierte, eine zweispurige Schnellstraße sei nicht ausreichend, um Brünn und Wien miteinander zu verbinden. Er fordert vier Fahrstreifen. Hašek zufolge bestehen auch die Vertreter beider Städte darauf, dass die Übereinkunft Tschechiens und Österreichs aus dem Jahr 2009 umgesetzt wird, die den Bau einer Autobahn vorsieht. „Der Minister hat mit seiner Erklärung einen Fehler gemacht“, sagte Hašek und forderte Prachař auf, nach Mähren zu kommen, um dort über die R52 – so die Bezeichnung der bestehenden Straße zwischen den beiden Städten – zu verhandeln. Am Mittwoch vergangener Woche verabschiedete der südmährische Kreisrat zudem ein Papier, in dem er ebenfalls eine Autobahnverbindung nach Wien verlangt und den Premier auffordert, so schnell wie möglich ein Treffen der zuständigen Regierungsmitglieder einzuberufen.

In Österreich endet die Autobahn derzeit bei Schrick, einem Ort, der etwa 30 Kilometer südlich von Mikulov (Nikolsburg) liegt. Die Verlängerung von dort bis Poysbrunn, rund 15 Kilometer von der Grenze entfernt, könnte 2016 oder 2017 fertiggestellt werden, von dort soll den österreichischen Plänen zufolge aber weiterhin nur eine zweispurige Straße nach Tschechien führen. Prachař zufolge wäre daher auf tschechischer Seite der Bau einer vierspurigen Autobahn bis zur Grenze reine Geldverschwendung.

Für die Opposition war das Thema ein Anlass, generell Kritik am Verkehrsminister zu üben. Die ODS warf ihm vor, er verstehe nichts von seiner Arbeit und begehe strategische Fehler. Sie wies auch auf Probleme bei der Sanierung der Autobahn D1 hin und beanstandete Personalveränderungen in Organisationen, die unter die Zuständigkeit des Verkehrsministeriums fallen. TOP 09 schloss sich der Kritik an und schlug eine Untersuchungskommission vor, die die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Ressort prüfen solle. Die Bürgerdemokraten forderten zudem eine außerordentliche Sitzung des Abgeordnetenhauses.

Prachař wies die Vorwürfe zurück: „Ich weiß nicht, wovon die Herren von der ODS reden.“ Auch der Premier verteidigte ihn: „Wir alle haben Aleš Řebíček, Vít Bárta und weitere Unglückliche noch in lebhafter Erinnerung, durch die das Verkehrsministerium die rechte Regierung zerstört hat“, erklärte Sobotka schriftlich. Der ODS rate er daher „zu schweigen und ihr Gewissen zu prüfen“.