Streit ohne Ende

Streit ohne Ende

Kardinal bezichtigt Politiker totalitärer Praktiken

27. 8. 2014 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: ranapece.eu

Es steht im Schatten des Veitsdoms und bleibt von den Fotoapparaten der Touristen bleibt meist unbehelligt: das Mladota-Haus, zweistöckig, barocke Giebel, oranges Gesims. Im Gegensatz zu den Nachbargebäuden ist auch das Interieur in gutem Zustand. Und genau deshalb wurde es zum Zankapfel zwischen Staat und Kirche. „Ich glaube nicht, dass dieses Gebäude der Kirche gehören sollte“, sagte Miloš Zeman unlängst dem Tschechischen Fernsehen. Darin ist sich der Präsident bei der Frage der Rückgabe ehemaligen Kircheneigentums auf dem Hradschin mit dem Prager Erzbischof Dominik Kardinal Duka offenbar uneins.

Insgesamt hatte die katholische Kirche Interesse an elf Gebäuden auf dem Gelände der Prager Burg bekundet. Das Erzbistum Prag bezieht sich dabei auf ein seit 2013 gültiges Gesetz, dass den jahrzehntelangen Streit zwischen Kirche und Staat beilegen sollte. 56 Prozent des durch das kommunistische Regime konfiszierten Eigentums werden demnach an die Glaubensgemeinschaften zurückgehen. Zudem sollen in dreißig Jahren insgesamt 59 Milliarden Kronen (rund 2,1 Milliarden Euro) ausbezahlt werden. Gleichzeitig plant der Staat, sich schrittweise aus der Finanzierung der Kirchen zurückzuziehen. Die Tschechische Bischofskonferenz aber beschwert sich über den schleppenden Verlauf der Rückführung.

Nach Beratungen mit Erzbischof Duka gab Zeman nun bekannt, nur zwei von drei der im Gespräch befindlichen Gebäude auf der Burg zurückgeben zu wollen. Sie seien in schlechtem Zustand und die Kirche solle sich öffentlich zur Restaurierung verpflichten, vermeldete das Staatsoberhaupt. Das gut erhaltene Mladota-Haus aber wolle man behalten.

Mit diesen Aussagen gehe Zeman eindeutig zu weit, empörte sich der emeritierte Erzbischof von Prag, Miloslav Kardinal Vlk. Das Auftreten des Präsidenten bezeichnete der Geistliche auf seiner Internetseite als „gönnerhaft“. Er zitierte dort auch eine Entscheidung des Verfassungsgerichts, das die Unrechtmäßigkeit der Konfiszierungen bestätigte.

Das Haus gehöre dem Präsidenten schlicht und ergreifend nicht. „Dieses Taktieren bezeugt eindeutig, wie unsere heutigen Politiker denken: Sie haben oft keinen Sinn für Recht und Gerechtigkeit, sie stellen sich vielmehr arrogant über das Gesetz und die Verfassung und wollen meistens in autoritärem Stil entscheiden – wie wir es nur allzu gut aus unserer totalitären Vergangenheit kennen.“

Der amtierende Erzbischof gab sich zurückhaltender – im September sollen weitere Verhandlungen mit dem Präsidenten folgen. Dukas Sprecher Milan Badal gab bekannt, man wolle nur im Falle eines Scheiterns der Gespräche über rechtliche Maßnahmen nachdenken.

Auch wenn sich die Streitparteien einigen sollten, das letzte Wort zur Rückgabe der Gebäude auf der Burg hat die Regierung. Und sowohl Finanzminister Andrej Babiš (ANO) als auch Premier Bohuslav Sobotka (ČSSD) haben sich bereits gegen die Abgabe symbolträchtiger Immobilien auf dem Hradschin ausgesprochen.