Streik der Millionäre?
Praktische Ärzte drohen mit geschlossenen Praxen
15. 9. 2016 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: APZ
Am kommenden Mittwoch sollte man besser nicht krank werden. Denn tschechische Allgemeinmediziner haben angedroht, am 21. September ihre Praxen zu schließen. Mit dem Streik wollen sie auf die langfristigen Probleme bei der Grundversorgung für Erwachsene, niedrige Löhne und zu wenig Entscheidungsbefugnis aufmerksam machen.Das gab der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes praktischer Ärzte Petr Šonka am Montag bekannt. Gesundheitsminister Svatopluk Němeček (ČSSD) spricht von Erpressung und einem „Streik der Millionäre“.
Noch steht ein Treffen mit Vertretern des Gesundheitsministeriums am Donnerstag (nach Redaktionsschluss) aus. Je nachdem, wie die Ergebnisse ausfielen, seien die Ärzte bereit, auf den Streik zu verzichten, so Šonka.
Bereits im August hatten tschechische Ärzte einen Streik im September angekündigt. Sie beanstandeten vor allem, dass die Löhne der Krankenhausmediziner ab Januar 2017 um zehn Prozent angehoben werden sollten, nicht jedoch die der niedergelassenen Ärzte. Außerdem kritisierten sie einen Gesetzesentwurf, demzufolge praktische Ärzte auch zu Krankenhausdiensten verpflichtet werden sollen. Das müssen sie vorerst nicht mehr befürchten, denn die Abgeordneten von ANO und ČSSD zogen diesen Vorschlag in der vergangenen Woche zurück.
Nachdem am Montag die Gehaltserhöhung für Krankenhausärzte und -schwestern von der Regierung verabschiedet wurde, konterte Němeček, das tschechische Gesundheitssystem habe nicht die nötigen Mittel, um die Löhne der praktischen Ärzte ebenfalls um zehn Prozent zu erhöhen. „Ich muss fairerweise sagen, dass wir die Krankenhäuser wirklich mehr unterstützen wollen, da dort Schwestern und Ärzte fehlen“, so Němeček. „Ich würde gerne auch die praktischen Ärzte unterstützen, aber nicht in dieser Höhe.“ Das durchschnittliche Einkommen der Praxen liege zwischen 200.000 und 220.000 Kronen (zwischen 7.400 und 8.100 Euro) im Monat, so der Minister. Damit verdienten sie genug. Němeček kann die Forderungen der Ärzte nicht nachvollziehen und unterstellt ihnen, die Situation vor den Kreiswahlen eskalieren zu lassen. Über die Höhe der Beiträge zu den einzelnen medizinischen Leistungen würde ohnehin erst Ende Oktober entschieden. „Daher verstehe ich nicht, warum die praktischen Ärzte schon am 21. September streiken.“
Laut Šonka geht es nicht allein um höhere Gehälter. „Wir wollen das, was im vorigen Jahr angekündigt wurde.“ Die Ärzte fordern, den monatlichen Grundsatz pro Patient um sechs Prozent zu erhöhen. Die Einnahmen der Praxen müssten Stromkosten, die Ausstattung sowie die Gehälter der Ärzte und Schwestern decken.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“