Stichwahl im Kampf um Prager Burg

Stichwahl im Kampf um Prager Burg

Miloš Zeman und Jiří Drahoš ziehen in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen ein. Der Amtsinhaber triumphiert in fast allen Kreisen. Experten rechnen dennoch mit einem engen Rennen um das höchste Amt im Staat

13. 1. 2018 - Text: Marcus Hundt, Foto: Jindřich Nosek, CC BY-SA 4.0 / David Sedlecký, CC BY-SA 3.0

Die Überraschung blieb aus. Wie erwartet haben Amtsinhaber Miloš Zeman und Jiří Drahoš in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Tschechien die meisten Stimmen geholt. Das Ergebnis bestätigt die letzten Wahlprognosen, die Zeman weit vorne und den ehemaligen Vorsitzenden der Akademie der Wissenschaften als dessen mit Abstand stärksten Gegenkandidaten sahen. Allerdings verfehlte das Staatsoberhaupt die absolute Mehrheit. Damit wird erst die Stichwahl am 26. und 27. Januar entscheiden, wer das Rennen um das höchste Amt im Staat gewinnt.

Dem vorläufigen Endergebnis zufolge erhielt Zeman 38,56 Prozent der Stimmen. Für den Chemiker Drahoš stimmten 26,60 Prozent – und damit etwa genauso viel wie für die Kandidaten Pavel Fischer (10,23 Prozent), Michal Horáček (9,18 Prozent) und Marek Hilšer (8,83 Prozent) zusammen. Auf den hinteren Plätzen landeten Ex-Premier Mirek Topolánek mit knapp vier Prozent und die Bewerber Hynek, Hannig und Kulhánek (0,5 bis 1,2 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag bei rund 62 Prozent und damit ähnlich niedrig wie bei den vorangegangenen Wahlen im Jahr 2013.

Wie vor fünf Jahren schnitt Zeman auch dieses Mal besonders stark außerhalb von Prag ab. Sein bestes Ergebnis fuhr er in Mährisch-Schlesien ein. Dort stimmte nahezu jeder Zweite für das amtierende Staatsoberhaupt. In den Kreisen Aussig (Ústí nad Labem) und Karlsbad (Karlovy Vary) konnte Zeman 47 beziehungsweise 44 Prozent der Wähler überzeugen. Ein anderes Bild zeigte sich in der tschechischen Hauptstadt: Hier erreichte Zeman mit nur 22,4 Prozent sein landesweit schlechtestes Ergebnis, Drahoš landete mit über 35 Prozent auf dem ersten Platz. In den anderen 13 Kreisen hieß der Sieger allerdings Miloš Zeman.

Einige der unterlegenen Präsidentschaftskandidaten wollen in den kommenden zwei Wochen nun Drahoš unterstützen. Der Unternehmer Michal Horáček, der Diplomat Pavel Fischer und Ex-Premier Mirek Topolánek riefen ihre Wähler bereits vor der Bekanntgabe des Endergebnisses dazu auf, Ende Januar für den Zeman-Kontrahenten zu stimmen. Der Arzt und Bürgeraktivist Marek Hilšer, mit 41 Jahren der Jüngste unter den neun Kandidaten, erklärte über Twitter: „Auch ich und mein Team werden versuchen, ihm zu helfen.“

Der Herausforderer selbst kündigte an, er wolle bis zur Stichwahl die Wähler aller Gegenkandidaten für sich gewinnen. Und auch seine Wahlkampfstrategie ändern: Ab sofort würde seine Kampagne auf die Regionen außerhalb von Prag zielen, dort müsse er mehr Wähler erreichen. Drahoš erinnerte außerdem an die im Wahlkampf beschlossene Anti-Zeman-Koalition. Alle acht Kandidaten seien übereingekommen, dass sie im Falle einer Stichwahl den direkten Kontrahenten von Zeman unterstützen. Allem Anschein nach stehen sie nun auch zu ihrem Wort.

Im Tschechischen Fernsehen rief Drahoš „alle Wähler, die Interesse an einem Wandel“ haben, dazu auf, ihm ihre Stimme zu geben. „Ich will die Gesellschaft einen. Der gegenwärtige Präsident teilt sie. Das darf nicht so weitergehen.“

Amtsinhaber Zeman verblüffte nach seinem Sieg mit zwei Aussagen. Hatte er vor der ersten Runde noch eine öffentliche Diskussion mit seinen Kontrahenten abgelehnt, wolle er den Zweitplatzierten Drahoš nun „sehr gerne von Angesicht zu Angesicht“ treffen. Auch der Satz, er sei „immer noch jung, voller Kraft und Energie“ dürfte viele überrascht haben. In den vergangenen Monaten waren immer wieder Stimmen über Zemans vermeintlich schlechten Gesundheitszustand laut geworden.

Namentlich bedankte sich Zeman bei Ministerpräsident Andrej Babiš und dem Sänger Karel Gott, die sich vor den Wahlen für den 73-Jährigen engagiert haben. „Ich hoffe jetzt nur, dass meine Wähler auch zur Stichwahl gehen. Denn nun fängt alles wieder bei Null an“, sagte Zeman vor seinen Anhängern.

Experten erwarten für Ende Januar ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Zeman und Drahoš. Falls die „Anti-Zeman-Koalition“ funktioniert, stehen die Chancen gut für den 68-jährigen Wissenschaftler. Die meisten Wähler, die für ihn, Hilšer, Fischer oder Horáček gestimmt haben, eint nun ein großes Ziel: Sie wollen eine zweite Amtszeit von Miloš Zeman unbedingt verhindern.

>>> zum offiziellen Wahlergebnis >>> volby.cz