Staat bietet Beute

Staat bietet Beute

Das Innenministerium versteigert Fahrzeuge von Straftätern – noch vor deren Verurteilung

9. 6. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: APZ

Es ist schön, wenn ein Straf­täter gestellt wird. Im Innenministerium kommt trotzdem nicht unbedingt Freude auf, wenn die Polizei dabei auch sein Auto beschlagnahmt. Denn die Beamten wissen allmählich gar nicht mehr, wohin mit all den konfiszierten Wertsachen. Deswegen haben sie nun eine Idee: In einem Pilotprojekt werden erstmals Güter versteigert, „deren Herkunft auf eine Straftat zurückzuführen ist“, wie es in der Behördensprache heißt.

Derzeit werden vier Sportwagen und Limousinen zum Kauf angeboten, für die ihre ursprünglichen Besitzer einst bis zu eine Million Kronen bezahlt haben. Sie gehörten „Personen, die sich mit Wirtschaftskriminalität beschäftigten“, so das Ministerium. Staatssekretär Jiří Zmatlík erwartet, dass die Auktion dem Staat Erträge in der Größenordnung von einer Million Kronen bescheren könnte (knapp 37.000 Euro).

Die beschlagnahmten Besitz­tümer von Straftätern zu verwahren, bringt laut Zmatlík dagegen ziemlich hohe Kosten mit sich – sie müssen nicht nur verwahrt, sondern auch unterhalten werden. Das Ministerium habe sich daher entschieden, sie so schnell wie möglich zu verkaufen, und zwar noch bevor die Beschuldigten verurteilt sind. In manchen Fällen kann das nämlich Jahre dauern.

Wie die Idee in der Praxis funktioniert, wird nun mit beschlagnahmten Autos getestet. „Der Besitz verliert auf diese Weise nicht an Wert“, erklärt Zmatlík. Polizei und Kläger müssen mit der Versteigerung einverstanden sein. Wenn die Fahrzeuge verkauft werden, bleibt das Geld auf dem Konto des Ministeriums. Sobald der Vorbesitzer rechtskräftig verurteilt ist, werden die Erträge aus dem Verkauf verwendet, um zum Beispiel Entschädigungen zu zahlen, oder aber sie fallen an den Staat.

Für beschlagnahmte Autos ist in Tschechien eine Stelle zuständig, die dem Innenministerium untersteht. Deren Chef Ladislav Máca sagt, um all die Fahrzeuge zu verwahren, verfüge man über eigene Gelände. Wegen der hohen Zahl der Autos müsse die Behörde jedoch zusätzliche Flächen anmieten. „Im ganzen Land deponieren wir hunderte Autos“, so Máca.

Bisher hat das Ministerium bereits zehn Autos für etwa 800.000 Kronen (knapp 30.000 Euro) verkauft. Es handelte sich vor allem um gewöhnliche Modelle. Die Gesamtsumme fiel relativ niedrig aus, weil Interessenten für manche Wagen nur fünfstellige Kronenbeträge zahlten. Nun können sie dagegen für vier Audis bieten – Sportwagen, Limousinen und Geländewagen. Bis Mitte kommender Woche sollen sie versteigert sein.

Das Ministerium brauchte etwa zwei Jahre, um das Pilotprojekt vorzubereiten. Ein ähnliches System für beschlagnahmten Besitz gibt es bereits seit einigen Jahren in Frankreich, Belgien und den Niederlanden.

Ermittler beschlagnahmten in Tschechien allein im vergangenen Jahr Geld und anderen Besitz im Wert von 6,2 Milliarden Kronen (230 Millionen Euro). Im Jahr zuvor waren es acht Milliarden Kronen gewesen. Laut Zmatlík ist derzeit nicht vorgeshen, dass zum Beispiel Immobilien auf ähnliche Weise verkauft werden, denn deren Preis sinke nicht so schnell wie der von Fahrzeugen. Sollte das Ministerium gute Erfahrung mit den Auktionen machen, könnte das System aber bei anderen beweglichen Besitztümern angewendet werden, etwa bei Wertpapieren.