Selbsternannte Diplomaten

Selbsternannte Diplomaten

In Ostrava eröffnen Sympathisanten der „Volksrepublik Donezk“ ein Vertretungszentrum. Das Außenministerium leitet rechtliche Schritte ein

7. 9. 2016 - Text: Stefan WelzelText: sw/čtk; Foto: ČTK/Drahoslav Ramík und Nela Lisková

Das Ausmaß der Proteste war bescheiden. Doch das Dutzend empörter Demonstranten vor dem Hotel Mercure im Zentrum von Ostrava machte lautstark auf sich aufmerksam. Banner und Plakate mit Parolen wie „Kremlsches Theater“ oder „Wir wollen keine terroristischen Organisationen in Tschechien“ wurden hochgehalten. Daneben wehten die gelb-blauen Fahnen der Ukraine. Grund für den Protest am vergangenen Donnerstag war eine Pressekonferenz, zu der die Lokalpolitikerin Nela Lisková in die Nobelherberge geladen hatte.

Die 41-jährige Managerin gab sich selbst den Titel einer „Honorar­konsulin“ und verkündete die Eröffnung des „Vertretungszentrums der Volksrepublik Donezk“. Dahinter steht ein offiziell eingetragener Verein. Nur: Weder ist die „Volksrepublik“ international anerkannt, noch bestehen diplomatische Beziehungen zu Prag. Das tschechische Außenministerium dis­tanzierte sich umgehend und kündigte noch am gleichen Tag an, beim Kreisgericht in Ostrava um die Auflösung des Trägervereins zu ersuchen.

Im Frühling 2014 erklärten sich Teile der Ostukraine für selbstständig. Unterstützt werden die Separatisten jedoch nur von Russland. „Die Tschechische Republik erkennt die Donezker Volksrepublik nicht an. Mit der Veranstaltung vermittelt Lisková aber den Eindruck, als würde es sich hier um eine offizielle Vertretung handeln“, erklärte die Sprecherin des Außenministeriums  Michaela Lagronová. Ohne Anerkennung könne die selbsternannte Republik kein Konsulat unterhalten, so Lagronová. Deshalb hatte sich das Ministerium noch am Tag vor der geplanten Eröffnung mit einem Brief an Lisková gewandt. Darin wird sie aufgefordert, auf die Verwendung des Titels einer Honorarkonsulin zu verzichten. Das war es aber auch schon mit Aktivitäten von offizieller Seite zur Unter­bindung der Veranstaltung.

Vor den Medien ging Lisková unbeirrt in die Offensive und gab sich selbstbewusst. Sie sei sich zwar über die rechtliche Lage im Klaren, glaube aber fest daran, dass die „Volksrepublik“ einst Anerkennung finden werde. Den tschechischen Journalisten hielt sie tendenziöse und einseitige Berichterstattung vor. Sie sei schon mehrmals in das Gebiet an der russischen Grenze gereist und unterstütze die Separatisten mit Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der „Volksrepublik“. Gleichzeitig betonte Lisková, dass ihre Vertretung in Ostrava keine terroristischen Organisationen unterstütze. „Ganz im Gegensatz zur tschechischen Regierung und ihrer Immigrationspolitik.“ Lisková ist offenbar selbst der kaum existierende Wille Prags zur Aufnahme von Flüchtlingen zu wenig restriktiv.

Nela Lisková unterstützt die Rebellen in der Ostukraine.

„Kein gutes Zeugnis“
Die einstige Sozialdemokratin steht heute fremdenfeindlichen Kreisen wie der „Bewegung für Freiheit und direkte Demokratie“ des Rechtspopulisten Tomio Okamura nahe. Vor zwei Jahren kandidierte Lisková noch erfolglos für die von Ex-Premierminister Jiří Paroubek ins Leben gerufenen „Volkssozialisten – Linke des 21. Jahrhunderts“. In Internetforen verteidigt sie immer wieder islamfeindliche Äußerungen des Präsidenten Miloš Zeman. Das Staatsoberhaupt unterstützte in den vergangenen Jahren mehrfach Moskaus Positionen in der Ukrainekrise.

Dass eine tschechische Staatsbürgerin Diplomatie für die Rebellen-Republik in der Ost-ukraine betreiben möchte, hält Otakar van Gemund für einen Skandal. Der Aktivist der proeuropäischen Gruppe „Kaputin – Demokraten stoppen Putin“ bemängelte vor den Toren des Hotel Mercure auch das Schweigen wichtiger politischer Entscheidungsträger. „Dass jemand die Eröffnung der Vertretung eines nicht-existierenden Staates auch noch medien­wirksam zelebrieren kann, stellt der Tschechischen Republik und seiner Führung kein gutes Zeugnis aus“, so der seit über 30 Jahren in Prag lebende Holländer. Der landesweit bekannte Anti-Putin-Aktivist versteht nicht, weshalb die Polizei nicht einschritt, um dem „Theater“ schon im Voraus den Stecker zu ziehen.

Unterstützung erhielten die Demonstranten von Seiten der Oppositionspartei TOP 09. Der Parlamentsabgeordnete František Laudát beschuldigte die Teilnehmer der Aktion, das Ansehen der Tschechischen Republik zu beschädigen. Er zielte damit direkt auf Lisková, die sich nicht über fehlendes Interesse seitens der Medien beklagen konnte. Die „Show“ zeigte Wirkung. Nun liegt die Causa aber beim Kreisgericht in Ostrava, das über die Existenzberechtigung des Trägervereins entscheiden muss.