Seifenoper mit Präsident

Seifenoper  mit Präsident

Zeman will die Rundfunkgebühren abschaffen und greift das Tschechische Fernsehen an

11. 3. 2015 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: APZ

Die Chronologie der Ereignisse liest sich wie das Drehbuch einer Seifenoper, in der das Tschechische Fernsehen und der Präsident die Hauptrollen übernommen haben: Am Freitag vergangener Woche warf Miloš Zeman dem Sender vor, er erfülle seine öffentlich-rechtliche Funkion nicht. „Es entwickelt sich nicht nur zu einem Privatfernsehen, sondern sogar zu einem schlechten Privatfernsehen“, sagte Zeman während eines Besuchs im Kreis Pilsen.

Der Präsident sprach sich dafür aus, dass Bürger den Betrag, den sie für den Rundfunk zahlen müssen, alternativ auch für wohltätige Zwecke spenden können. Zudem brachte er erneut den Vorschlag von 15 Senatoren ins Gespräch, die verlangt hatten, dass unter anderem Menschen von den Rundfunkgebühren befreit würden, über die das Tschechische Fernsehen (ČT) oder der öffentlich-rechtliche Rundfunk Unwahrheiten verbreitet habe. Zeman reagierte damit auf seine Weise auf eine Äußerung des ČT-Generaldirektors Petr Dvořák. Dieser hatte kürzlich gefordert, dass auch Menschen, die kein Fernsehgerät besitzen, Rundfunkgebühren bezahlen sollen.

Das Tschechische Fernsehen bezeichnete die Kritik des Präsidenten als beispiellosen Angriff auf die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Anstalt, der während der Zeit ihres Bestehens in der demokratischen Gesellschaft einmalig sei. „Umso gefährlicher ist es, dass er vom höchsten Staatsorgan kommt“, so ČT-Sprecherin Alžběta Plívová. Von den Beschimpfungen des Staatsoberhaupts wolle man sich nicht einschüchtern lassen.

„Kindische Rache“
Der Beweis dafür folgte bereits am Dienstag, als ČT darauf verzichtete, eine Pressekonferenz von Zemans Sprecher Jiří Ovčáček live zu übertragen. Ovčáček sah darin eine Reaktion auf die Kritik des Präsidenten am öffentlich-rechtlichen Rundfunk, zumal ČT seine Pressekonferenzen in der Vergangenheit übertragen hatte. Er nannte das Verhalten eine „kindische Rache“ und teilte schriftlich mit, die Burg erwäge, Beschwerde beim Rundfunkrat einzulegen. „Wenn das Tschechische Fernsehen die Meinungen des Staatsoberhauptes zensiert, dann muss man öffentlich die Frage aufwerfen, wie es im Fall anderer Staatsorgane, Politiker und Bürger vorgehen wird“, so Ovčáček.

ČT dagegen gab an, es habe sich statt der Pressekonferenz – aus Gründen der Dramaturgie – in seiner Live-Übertragung lieber dem aktuellen Geschehen im Abgeordnetenhaus widmen wollen. Die Pressekonferenz des Präsidentensprechers könne auf den Internetseiten des Senders abgespielt werden. Zudem sei im Vorfeld nur eine Zusammenfassung der Aktivitäten des Präsidenten in der vergangenen Woche angekündigt gewesen. Das wiederum bestreitet Zemans Sprecher. Er behauptet, auf dem Programm hätten auch Informationen über die Ernennung des neuen Justizministers und die bevorstehende Reise des Präsidenten in den Kreis Liberec gestanden.

Sollte es in der Angelegenheit tatsächlich zu einer Beschwerde kommen, werde sich der Rundfunkrat natürlich damit befassen müssen, sagte dessen Vorsitzender Ivan Krejčí. Auch Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) hat unterdessen auf Zemans Kritik reagiert. Er erklärte, die Rundfunkgebühren seien die Garantie dafür, dass die öffentlich-rechtlichen Medien weder von der Wirtschaft noch von der momentanen Regierung abhängig seien. Kulturminister Daniel Herman (KDU-ČSL) kündigte an, er werde sich mit Dvořák treffen, um über Zemans Vorwürfe zu diskutieren. Die Gebühren für das Fernsehen belaufen sich in Tschechien auf 135 Kronen pro Monat, für den Hörfunk auf 45 Kronen. ČT rechnet daraus in diesem Jahr mit Einnahmen in Höhe von etwa 5,7 Milliarden Kronen bei einem Gesamthaushalt von knapp 7 Milliarden Kronen (etwa 256 Millionen Euro).