„Reine Liebhaberei“

„Reine Liebhaberei“

Michael Lochar verkauft im „Kubula“ nur Sachen, die typisch tschechisch sind. Nun feiert der Laden in München sein zehnjähriges Jubiläum

11. 11. 2015 - Text: Sabina PoláčekText und Foto: Sabine Poláček

Bei ihm gebe es Tschechien im Kleinformat, sagt Michael Lochar und lacht. Und tatsächlich: Wer sich in seinem kleinen Laden in der Münchner Innenstadt umschaut, dem kommen viele Gegenstände bekannt vor. Wie in einem typisch tschechischen Wohnzimmer stehen Romane von Kundera, Lustig und Klíma sowie CDs mit Musik tschechischer Komponisten in den Regalen. Die Wand zieren Kalender von Prag und Mucha, von der Decke baumeln die überlangen Beine des bunten Seiltänzers, die der Marionettenbauer Miroslav Trejtnar entworfen hat. Kleine Holzspielzeuge stehen hintereinander aufgereiht, und aus einer Ecke schaut Krtek, der kleine Maulwurf, hervor. „Was ich hier mache, ist reine Liebhaberei. Leben kann ich davon nicht“, sagt der gebürtige Prager, der als Neunjähriger mit seiner Familie in die Bundesrepublik emigrierte. Seinen Laden, den nur drei bis vier Kunden am Tag besuchen, eröffnete er vor genau zehn Jahren. Lochars Hauptgeschäft, das ihn bis heute finanziell über Wasser hält, ist sein Verlagsservice.

Die Leidenschaft des 55-Jährigen ist die Oper. Der Urgroßneffe des Dichters und Weltenbummlers Svatopluk Čech arbeitete lange Zeit als Regisseur. Er war Assistent des russischen Theaterregisseurs Juri Petrowitsch Ljubimow und Schüler des Münchner Intendanten August Everding. „Ich habe Everding eine Menge zu verdanken. Er hat mich an verschiedene Opernhäuser gebracht“, erinnert sich Lochar. In den neunziger Jahren kehrte er dann in seine alte Heimat zurück. In der ehemaligen Tschechoslowakei und der Schweiz inszenierte er vor allem Stücke von Mozart und Verdi. Ein Angebot eines großen tschechischen Musikverlags brachte Lochar schließlich 1999 in seine Geburtsstadt. „Damals dachte ich mir: Verleger bin ich noch nicht, also probiere ich es aus.“ In Prag war er Geschäftsführer des auf Noten und Musikbücher spezialisierten Verlags „Editio Bärenreiter Praha“ (ehemals „Editio Supraphon“).

Vielseitige Aufträge
Als Lochar 2005 nach Deutschland zurückkehrte, brauchte er ein Büro. „Doch in einer schönen Wohngegend in München nur ein Büro zu haben, ist doof. Also mache ich lieber etwas daraus, was mich an Prag erinnert“, erzählt der Geschäftsmann. Parallel zur Isar, in einem Haus in der Thierschstraße, eröffnete Lochar am 12. November 2005 sein Lädchen „Kubula“.

Der Name ist eine Anspielung auf den Animationsfilm aus dem Jahr 1988 „Kubula a Kuba Kubikula“ von Vladislav Vančura.Dank seiner Kontakte zum Sudetendeutschen Haus und dem Tschechischen Kulturzentrum habe sich sein Geschäft herumgesprochen. „Ondřej Černý, den heutigen Leiter des Kulturzen­trums, kenne ich noch aus Zeiten, als er Direktor des Theaterinstituts in Prag war. Wir sind alte Bekannte und haben uns hier wiedergefunden“, so Lochar. Seitdem verkauft er seinen Kunden nicht nur Werke tschechischer, mährischer, sudetendeutscher, jüdischer und slowakischer Autoren, Spielzeuge und Musik-CDs. Auf Anfrage von Bohemisten bestellt er auch Lehrbücher, unterstützt gelegentlich Gymnasien bei der Organisation von Klassenfahrten nach Prag und verkauft Eintrittskarten für Prager Kulturhäuser.

Außerdem arbeitet er mit einer Buchhandelsgesellschaft zusammen, die alles, was sie aus Tschechien braucht, über ihn bezieht. „Und das ist eine ganze Menge. Wir müssen aufpassen, dass das Angebot nicht unsere Kapazitäten übersteigt und uns erschlägt“, sagt Lochar, der zwei Mitarbeiter beschäftigt. Schließlich gehe es darum, Spaß an seinem Laden zu haben. Er sieht sich um und überlegt. Ein paar Gegenstände liegen ihm besonders am Herzen. „Die Repliken des kubistischen Museums sind wunderschön. Oder die Marionetten von Trejtnar zum Beispiel. Das ist etwas skurril und hat etwas von tschechischem Witz. Wir sind wohl die einzigen außerhalb von Prag, die so etwas anbieten.“

Kubula, Thierschstraße 41, München, geöffnet: Mo.–Fr. 9 bis 14 und 15 bis 18.30 Uhr, Sa. 10 bis 14 Uhr, Tel. 089/210 25 972, www.kubula.de