Prager Solidarität

Prager Solidarität

Nach den Terroranschlägen von Paris sichern Tschechiens Politiker den Franzosen Beistand zu

14. 1. 2015 - Text: Stefan WelzelText: sw/čtk; Foto: ČTK/Michal Doležal

Am vergangenen Sonntag nahmen über eine Million Menschen am „Marsch der Republik“ in Paris teil. Unter den zahlreichen Staats- und Regierungschefs aus aller Welt befand sich auch Tschechiens Premier Bohuslav Sobotka, der von Außenminister Lubomír Zaorálek (beide ČSSD) begleitet wurde. Sobotka erklärte bereits im Vorfeld seiner Reise in die französische Hauptstadt, wie wichtig es nun sei, „in diesem tragischen Moment Solidarität mit Frankreich zu demonstrieren“. Innenminister Milan Chovanec (ČSSD) betonte derweil vor Journalisten in Prag, das Risiko von Terrorakten könne niemals vollständig ausgeschlossen werden, die Gefahr eines religiös motivierten Anschlags in Tschechien sei jedoch „ziemlich gering“.

Am Montag besuchte Sobotka die französische Botschaft in Prag. Dort bekräftigte er den Willen, die Sicherheitszusammenarbeit im Rahmen des bilateralen Verhältnisses zu Frankreich sowie im gesamteuropäischen Kontext zu intensivieren. Hierfür sei es notwendig, die Kapazitäten des staatlichen Sicherheitsapparates zu erhöhen. Bereits am Rande des sonntäglichen Trauermarsches sagte der Regierungschef, dass er sich für eine personelle und finanzielle Aufstockung des Inlandsnachrichtendienstes BIS einsetzen wolle. „Der BIS muss auf die aktuellen Risiken, die existieren, vorbereitet sein. Ich würde mich freuen, wenn der Direktor des Nachrichtendienstes einen Zwei- bis Dreijahresplan vorlegen würde, wie der BIS modernisiert und gestärkt werden kann, um den Bürgern ein maximales Maß an Sicherheit garantieren zu können“, so Sobotka.

Die Anschläge in Paris galten nicht nur der westlichen demokratischen Ordnung, sondern explizit auch der jüdischen Gemeinde in Frankreich. Auf das Bedrohungsszenario für tschechische Juden angesprochen, verneinte der Sprecher der Föderation jüdischer Gemeinden in der Tschechischen Republik (FZO) Tomáš Kraus eine akute Gefährdungslage. Die Situation hierzulande sei doch eine ganz andere als zum Beispiel in Frankreich, Belgien oder Deutschland, und die jüdische Gemeinde sehr klein. Dennoch dürfe „nichts unterschätzt werden, der Anschlag auf das jüdische Geschäft in Paris kam nicht aus heiterem Himmel“, erklärte Kraus am Montag. Bereits am Mittwoch vergangener Woche ließ das Zentrum der muslimischen Gemeinschaften in Tschechien (ÚMO) über eine Pressemitteilung verlauten, dass es die Anschläge in der französischen Metropole aufs Schärfste verurteilt. Die Terrorakte seien barbarisch und hätten nichts mit dem Islam zu tun. Auf dem Prager Wenzelsplatz demonstrierten daraufhin hierzulande lebende Muslime gegen die Anschläge.

Premier Sobotka beschwor bei seinem Botschaftsbesuch ausdrücklich die Gemeinschaft aller demokratisch gesinnten Bürger. „Die Trennlinie verläuft nicht zwischen Christen und Muslimen, sondern zwischen Menschen, die Gewalt ablehnen, und solchen, die nicht abgeneigt sind, terroristische Handlungen zu begehen.“

Neben den offiziellen Solidaritäts- und Beistandserklärungen staatlicher und religiöser Institutionen kam es am Donnerstag und Samstag vor der französischen Botschaft in Prag auch zu Trauerkundgebungen seitens der säkularen Zivilgesellschaft. Die Veranstaltungen wurden von der französischen Gemeinde in Tschechien gemeinsam mit tschechischen Freunden und Vereinen, die dem ehemaligen Präsidenten Václav Havel nahestehen, organisiert. Auch in der Brünner Innenstadt fand eine Solidaritätsdemonstration statt.