Ölstreit beschäftigt Diplomatie

Ölstreit beschäftigt Diplomatie

Premier spricht mit Botschafter über die Rückgabe tschechischer Rohstoffreserven

19. 2. 2015 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: vlada.cz

Der Streit um die in Bayern verschwundenen tschechischen Ölreserven hat die diplomatische Ebene erreicht. Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) traf am Freitag den deutschen Botschafter in Prag Arndt Freytag von Loringhoven, um über die Rohstoffvorräte zu sprechen, die Tschechien in einer Anlage der mittlerweile insolventen Viktoriagruppe im oberbayerischen Krailling eingelagert hatte.

Er habe den Botschafter um Zusammenarbeit gebeten, erklärte Sobotka nach dem Gespräch mit dem Diplomaten. Außerdem forderte er die deutsche Seite auf, nach der Grundlage der gemeinsamen Vereinbarung aus dem Jahr 2004 vorzugehen. „Dieser bilaterale Vertrag gibt der Tschechischen Republik das Recht, ihre Rohstoffreserven jederzeit wieder vom deutschen Staatsgebiet abzutransportieren“, so der Premier. Er bezeichnete den Streit um die Vorräte als großes Problem für die deutsch-tschechischen Beziehungen.

Von Loringhoven sagte, man sei übereingekommen, so bald wie möglich mit einer formalen Konsultation zu beginnen, bei der Experten aus beiden Ländern darüber verhandeln sollen, wie die tschechischen Reserven zurückgeführt werden könnten. Auf Twitter fasste der Diplomat das Treffen mit Sobotka mit den Worten zusammen: „Auch bei schwierigen Themen belastbares Vertrauensverhältnis. Bald folgen Expertengespräche.“

Wie Pavel Švagr, Chef der Verwaltung der Rohstoffreserven (SSHR), am vergangenen Wochenende im Tschechischen Fernsehen erklärte, könnte der Staat im Streit mit der Viktoriagruppe bis zu 1,5 Milliarden Kronen (gut 54 Millionen Euro) verlieren. Der Wert des in Krailling gelagerten Öls belaufe sich auf etwa eine Milliarde Kronen, hinzu kämen Forderungen an das Unternehmen für nicht beglichene Rechnungen, so Švagr. Er hatte sich in der vorigen Woche mit dem deutschen Insolvenzverwalter des Unternehmens getroffen und ihm Dokumente vorgelegt, die beweisen sollen, dass Tschechien rechtmäßiger Besitzer der umstrittenen Rohstoffreserven ist. Doch die Bemühungen waren Švagr zufolge vergeblich, der Insolvenzverwalter bestreitet weiterhin, dass das Öl Tschechien gehört. Sobotka hatte das als „absurde Infragestellung“ bezeichnet. Er kritisierte aber auch seine Vorgängerregierung für die Entscheidung, einen Teil der staatlichen Rohstoffreserven im Ausland zu lagern.

Tschechien verfügt über Erdölreserven für etwa 95 Tage. Die angeblich in Krailling gelagerte Menge stellt den Vorrat für etwa zwei Tage dar. Einen größeren Teil hatte die Viktoriagruppe im Auftrag des Staats in Tschechien aufbewahrt. Doch als im Herbst vergangenen Jahres bekannt wurde, dass die tschechische Filiale der Viktoriagruppe dem Staat Steuern in Millionenhöhe schuldet und die Konten der Firma unter dubiosen Umständen leergeräumt wurden, ließ Tschechien den Brennstoff in Behälter des staatlichen Betriebs Čepro verlagern. Über den Transport des in Deutschland gelagerten Vorrats konnte man sich jedoch nicht einigen, bevor das Unternehmen im Dezember Insolvenz beantragte.