Neues aus der Anstalt

Neues aus der Anstalt

Der Konzern des Finanzministers beschwert sich über das Tschechische Fernsehen

25. 3. 2015 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: APZ

Erst der Präsident, jetzt ANO und Agrofert: Das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen ist in der vergangenen Woche erneut scharf kritisiert worden. Der Konzern Agrofert, dessen Eigentümer Finanzminister und ANO-Chef Andrej Babiš ist, beschwerte sich beim Rat des Tschechischen Fernsehens (Rada České televize) über mehrere Reportagen, die in der Sendung „Reportéři“ gezeigt wurden. Zur gleichen Zeit sprachen sich ANO-Politiker dafür aus, den Haushalt der öffentlich-rechtlichen Anstalt zu überprüfen.

Agrofert äußert in einer mehrseitigen Beschwerdeschrift unter anderem den Verdacht, die Journalisten würden gezielt versuchen, Informationen über einen Interessenkonflikt des Finanzministers und Konzerneigentümers hervorzuheben. Das Unternehmen, das in seinen über 200 Firmen mehr als 34.000 Mitarbeiter beschäftigt, fordert Wiedergutmachung und verlangt, dass die Redakteure und weitere Verantwortliche des Senders Konsequenzen tragen müssen.

In einem Bericht, über den sich Agrofert beklagt, ging es um die zum Konzern gehörende Firma Navos, die Getreidelager betreibt. In einem anderen sollen die Reporter behauptet haben, der Bau einer Staustufe bei Děčín werde vor allem geplant, damit das Agrofert-Unternehmen Lovochemie davon profitiert.

Politiker reagierten empört über die Beschwerde von Agrofert. „Es ist inakzeptabel, die Freiheit der Medien zu beeinträchtigen, besonders der öffentlich-rechtlichen“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Oppositionspartei TOP 09 Helena Langšádlová. Babiš, dem unter anderem die Zeitungen „Mladá fronta Dnes“ und „Lidové noviny“ gehören, warf sie vor, er sei sich wohl nicht bewusst, „dass er das Tschechische Fernsehen noch nicht kontrolliert wie viele andere Medien“. Dem ČSSD-Parlamentarier Roman Sklenák zufolge zeugt die Forderung nach einer Strafe für die Redakteure von „unangebrachten und inakzeptablen Ambitionen von Agrofert, die öffentlich-rechtlichen Medien zu steuern“.

Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) sagte: „Das Tschechische Fernsehen sollte diese Beschwerde standardmäßig prüfen wie jede andere und sich nicht aus der Ruhe und um seine öffentlich-rechtliche Unabhängigkeit bringen lassen, nur weil sich gerade Agrofert beschwert.“

Vizepremierminister Pavel Bělobrádek (KDU-ČSL) erklärte, eine Bestrafung konkreter Redakteure oder die Einstellung der Sendung sei ein unzulässiger Versuch, die in der Verfassung garantierten Rechte zu brechen. Babiš dagegen betonte, der Konzern habe ein Recht, sich über den Sender zu beschweren. „Dass es dort manchmal manipulierte Reportagen gibt, weiß einfach jeder“, so der ANO-Vorsitzende. Er sei überzeugt, dass das Vorgehen seines Konzerns keinen Druck auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen darstelle.

Nahezu zeitgleich berichtete die Wirtschaftszeitung „Hospodářské noviny“ in ihrer Ausgabe vom vergangenen Freitag, ANO erwäge, die Gebühren für das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu senken. „Wir äußern nur die Meinung, dass ein Sieben-Milliarden-Haushalt sehr groß ist und heute de facto niemand das Wirtschaften des Tschechischen Fernsehens kontrollieren kann“, zitiert die Zeitung den Finanzminister. ANO wolle daher feststellen, wie viel Geld der Sender wirklich brauche. Die Rundfunkgebühren machen etwa 90 Prozent der Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens aus. Nach dem Willen von ANO soll der Sender wieder mehr Werbeeinnahmen generieren. Auf dem Programm ČT1 darf seit 2012 keine Reklame mehr gesendet werden. Dieses Verbot sei „absurd“, da das Programm kommerziell sei, sagte ANO-Medienexperte Marin Komárek gegenüber „Hospodářské noviny“.

Erst Anfang März hatte Präsident Miloš Zeman dem Fernsehen vorgeworfen, es erfülle seine öffentlich-rechtliche Funktion nicht und sich dafür ausgesprochen, dass Bürger das für die Rundfunkgebühren bestimmte Geld alternativ für wohltätige Zwecke spenden können (die PZ berichtete). Der Senat sollte am Mittwoch vergangener Woche über eine Gesetzesänderung verhandeln, derzufolge Bürger für fünf Jahre von der Abgabe befreit würden, wenn das Tschechische Fernsehen oder der öffentlich-rechtliche Rundfunk unwahre Informationen über sie verbreiten. Die Entscheidung darüber wurde jedoch vertagt.