Neue Freunde

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Der Besuch von Bundespräsident Gauck zeigt das gute Verhältnis zu Tschechien auf

7. 5. 2014 - Text: Ivan DramlitschText: Ivan Dramlitsch; Foto: ČTK/DPA/Wolfgang Kumm

Dass sowohl der deutsche als auch der tschechische Staatspräsident vor allem repräsentative Aufgaben erfüllt, bedeutet nicht automatisch, dass ihr Agieren keine Konflikte auslösen kann. So schlugen Joachim Gaucks kritische Worte bei seinem kürzlichen Türkei-Besuch ungeahnt hohe Wellen. Und Miloš Zeman war schon immer ein Meister der polemischen Provokation und ist dies auch in seinem Präsidentenamt geblieben. Beim jüngsten Besuch Gaucks in Prag war dennoch kaum etwas Kontroverses zu erwarten, zu gut sind die aktuellen Beziehungen und zu gering das Konfliktpotential zwischen beiden Ländern. Selbst ehemals brisante Themen wie die Vertreibung der Sudetendeutschen werden heute von beiden Seiten meistens angenehm sachlich diskutiert. Und so passte es ins harmonische Bild, dass sich Gauck und Zeman gegenseitig erst einmal mit dem höchsten Verdienstorden ihres Landes auszeichneten.

Es verwunderte auch nicht, dass das aktuelle weltpolitische Top-Thema, die Krise in der Ukraine, einen Schwerpunkt des Gespräches zwischen den Staatsoberhäuptern bildete. Zeman schlug dabei einen tendenziell pessimistischeren Ton an – der Ukraine drohe entweder ein Bürgerkrieg oder eine Intervention aus dem Ausland, wobei die erste Variante „derzeit etwas wahrscheinlicher“ sei. Gauck präsentierte die offizielle deutsche Linie, forderte eine Rückkehr an den Verhandlungstisch und appellierte an Moskau, mit der OSZE zusammenzuarbeiten. Zeman lobte die deutsche Position in der ihm eigenen Diktion als „berechtigterweise zurückhaltend und nicht blind radikalistisch“.

Beim Thema Europa, das zu Zeiten von Václav Klaus und den ODS-geführten Regierungen Topolánek und Nečas gelegentlich für eine Atmosphäre freundlicher, aber kühler Distanz zwischen beiden Ländern gesorgt hatte, passte kein Blatt Papier zwischen Zeman und Gauck. Der tschechische Präsident bekannte sich ohne Wenn und Aber zur Europäischen Union und bezeichnete den Beitritt zur Euro-Zone als „absolut unerlässlich und notwendig“. „Deutschland ist der Motor der EU, und ich wäre froh, wenn Tschechien wenigstens das Getriebe wäre“, äußerte Zeman in ungewohnter Bescheidenheit.

Auch beim Thema Zweiter Weltkrieg und Vertreibung – ein Bereich, bei dem Zeman in der Vergangenheit in das eine oder andere Fettnäpfchen trat, wurden ausschließlich versöhnliche Töne angestimmt. „Wir müssen uns an die Vergangenheit schon deshalb erinnern, damit wir sie nicht noch einmal erleben“, sagte Miloš Zeman, der bisher eher als Vertreter einer „Schlussstrich-Politik“ in Erscheinung getreten war. Für Gauck, den ehemaligen Dissidenten und Pfarrer, ist die Beschäftigung mit der Vergangenheit, mit Fragen von Schuld und Verantwortung, eine Herzensangelegenheit.

Es ist deshalb sicherlich kein Zufall, dass beide Präsidenten am Dienstag (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) das ehemalige Konzentrationslager Theresienstadt besuchten. Der Bundespräsident erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die gemeinsame kommunistische Vergangenheit, und bekannte, dass die Charta 77 und Václav Havel seine „herzliche Verbundenheit“ zur Tschechoslowakei und Tschechien mitbegründet hätten. Die oft wiederholte Floskel von den „besten Beziehungen, die es je gegeben hat“ – am Ende des ersten Besuchstags von Joachim Gauck in Prag schien sie tatsächlich zuzutreffen.