Nachzahlung in Sicht

Nachzahlung in Sicht

Regierung einigt sich im Gehälter-Streit mit Richtern auf einen Kompromiss

18. 2. 2015 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Oberster Gerichtshof in Brünn/Dezidor

Etwa 3.000 Richter sprechen in Tschechien Recht. Mit einem Durchschnittsgehalt von umgerechnet 2.300 Euro pro Monat verdienen sie am Anfang ihrer Laufbahn mehr als das Doppelte ihrer Mitbürger. Dennoch glaubt mehr als ein Drittel von ihnen, ihre Arbeit werde zu niedrig entlohnt. Rund 1.300 Richter reichten Anfang Februar Klage ein: Sie hätten in den vergangenen Jahren zu wenig Lohn erhalten, behaupteten sie und beriefen sich auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, derzufolge das Arbeits- und Sozialministerium die Richtergehälter falsch berechnet habe. Sie forderten vom Staat eine rückwirkende Ausgleichszahlung für die letzten drei Jahre – eine Summe, die sich insgesamt auf 2,5 Milliarden Kronen (rund 90 Millionen Euro) beläuft.

Die Regierung reagierte zunächst ablehnend. Premier Bohuslav Sobotka (ČSSD) erklärte, er wolle sich gegen die Zahlungsforderungen wehren und notfalls auch vor das Verfassungsgericht ziehen. Nun konnten sich Regierungsvertreter und Richter im Streit um höhere Gehälter doch einigen. Wie Generalstaatsanwalt Pavel Zeman kürzlich sagte, erhalten die Richter rückwirkend einen Teil der beanspruchten Summe, die ihnen laut Oberstem Gerichtshof zusteht. Den Staat kostet der Gehaltsausgleich 1,2 Milliarden Kronen (etwa 43 Millionen Euro). Auf den restlichen Teil wollen die Richter verzichten. Die Vereinbarung muss noch vom Kabinett verabschiedet werden.

Klare Linie
„Bei dieser Einigung geht es darum, dass beide Seiten in gewisser Weise nachgegeben haben. Sie bedeutet, dass wir uns in der Mitte treffen. Die Richter und Staatsanwälte verzichten auf einen wesentlichen Teil der Gehaltsnachzahlung und der Staat zahlt im Gegenzug die Differenz zum Grundgehalt“, so Zeman. Die Berechnung der Richtergehälter richtet sich nach der Höhe des durchschnittlichen Bruttolohns in Tschechien. Das Arbeits- und Sozialministerium hatte dabei auch die Löhne aus Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen berücksichtigt – wie der Oberste Gerichtshof befand, hätten jedoch nur die Vollzeitanstellungen einbezogen werden dürfen. Anstelle des Dreifachen hatte der Staat den Richtern nur das 2,75-Fache des Durchschnittsgehaltes zugestanden. Auf diese Diskrepanz verzichteten die Beamten nun.

Wie Vertreter der Justiz bekanntgaben, begrüße die überwiegende Mehrheit der Richter und Staatsanwälte die Vereinbarung. In einer gemeinsamen Erklärung betonten die Vorsitzenden der Gerichte, dass sie auf drei Viertel der Ansprüche verzichten würden. Damit wollten sie eine klare Linie im Streit um die Gehälter demonstrieren und das Vertrauen der Bürger in die Rechtsprechung stärken. „Auch die Öffentlichkeit sollte wissen, dass, sofern die Justiz stabil ist, sie ihre Rolle erfüllen und somit für einen gewissen Ausgleich in der Gesellschaft eintreten wird“, so der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs Pavel Šámal.

Finanzminister Andrej Babiš (ANO) äußerte sich distanziert zu dem Kompromiss. Gegenüber dem Tschechischen Fernsehen beschrieb er die Übereinkunft als einen „Wechsel der Positionen“. Die Entscheidung hänge allein an der Regierung. Die Gehälter seien richtig berechnet worden, so Babiš. Die Frage, ob die Regierung den Kompromiss ablehnen werde, verneinte Babiš. „Nein, ich kommentiere nur die Situation.“