Medium als Botschaft

Medium als Botschaft

Prager Zentrum für zeitgenössische Kunst DOX präsentiert Plakate als Propaganda-Instrumente

19. 2. 2014 - Text: Nina MoneckeText: Nina Monecke; Bild: Ne Boltai – A collection of 20th century propaganda

„Das Medium ist die Botschaft“. Das befand der kanadische Kommunikationstheoretiker Marshall McLuhan bereits Mitte der sechziger Jahre. Demnach ist das Medium selbst das Entscheidende, nicht die inhaltliche Aussage. Die Botschaft sei vielmehr in seinem Träger eingenistet. Die Gesellschaft werde nicht nur durch die transportierte Nachricht beeinflusst, sondern bereits durch die Charakteristik des Mediums. Einem dieser Medien widmet das Prager Zentrum für zeitgenössische Kunst DOX nun eine Ausstellung: Über zwei Etagen stellt es das Poster im Wandel der Zeit vor.

Die Ausstellung ist in neun historische Perioden eingeteilt. Die erste beginnt 1914 mit dem Ersten Weltkrieg und macht deutlich, dass neben der Ermordung Franz Ferdinands auch andere Aspekte zur Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts beitrugen: Militarismus, Nationalismus und Imperialismus. Die Plakate zeigen Flaggen, Embleme und nationale Symbole und dienten in erster Linie dazu, das Volk von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen und für staatliche Interessen zu gewinnen – so zum Beispiel die britischen und US-amerikanischen Poster mit Anwerbungen für die Armee.

Es folgen die revolutionären Bewegungen zwischen den Weltkriegen, die in die Ausrufung der Weimarer Republik und die Gründung der Ersten Tschechoslowakischen Republik mündeten. Der Fokus liegt jedoch auf dem russischen Kriegskommunismus. Das sowjetische Regime arbeitete bevorzugt mit Propaganda, um die zermürbende Planwirtschaft und die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft zu rechtfertigen. Ein beliebtes Mittel waren Feindbilder. Insbesondere die Drucke von Wladimir Majakowski stellen den verhassten korpulenten Bourgeois dar, dem das Proletariat zu Leibe rückt. Die totalitäre Ikonografie von Gustavs Klucis unterstützte vor allem den Personenkult um Stalin. Trotz Industrialisierung, Terror und radikaler Säuberungen stieg dieser dank ausgeklügelter Propaganda zur schillernden Figur des Sowjet-Regimes auf. Kurze Erwähnung findet auch der Aufstieg des Faschismus mit Mussolini, Franco und Hitler. Entgegen der ideologischen Diskrepanz lassen sich methodische Parallelen zum kommunistischen Gegenstück auf den Plakaten ausmachen.

Supermächte karikiert
In den dreißiger Jahren zeichnete sich jedoch auch eine erste Zäsur ab. Durch Filme mit Ton und vermehrte Fernsehproduktionen erhielt das gesprochene Wort größere Bedeutung.

Der Abschnitt zum Zweiten Weltkrieg weist überraschend wenige deutsche Agitations-Poster zu Judenhetze und „Totalem Krieg“ auf. Stattdessen sind die „Victory“-Kampagne von Winston Churchill und die vermeintliche Geschlossenheit der Alliierten im Kampf gegen das Dritte Reich dargestellt.

Auf den Postern der Nachkriegszeit dominiert der Kalte Krieg. Der Rüstungswettkampf und der Wettlauf ins All zwischen den zwei Supermächten Sowjetunion und USA wird karikaturistisch aufs Korn genommen. In diesem Zusammenhang finden auch erstmals Kuba und Südafrika in der Ausstellung Beachtung: Zentrale Persönlichkeiten wie Fidel Castro, Che Guevara und der Kampf gegen das Apartheid-Regime werden in die gesellschaftlichen Debatten zu Anti-Militarismus, Bomben-Tests, Menschenrechten und Aids eingebettet. Diese setzen sich in den Darstellungen zu den gewaltfreien Revolutionen 1989 in den sowjetischen Satellitenstaaten fort.

Der abschließende Teil der Schau ist leider etwas einseitig: Er ist überwiegend den USA gewidmet. Das Attentat vom 11. September 2001, die Kriege im Irak und in Afghanistan, der Syrien-Konflikt oder die aktuelle Spionage-Affäre der NSA sorgten bei der Eröffnungsveranstaltung der Galerie am vergangenen Donnerstag für den meisten Gesprächsstoff. Die angekündigten globalen Bewegungen und Proteste werden jedoch dadurch leider aus den Augen verloren. Die Anonymous-Bewegung, die Kritikwelle zur Macht der Banken von Occupy Wall Street oder die Euro-Krise finden nur untergeordnete oder gar keine Beachtung.

„The Poster in the Clash of Ideologies 1914–2014“. DOX Centre for Contemporary Art (Poupětova 1, Prag 7), geöffnet: Mo., Sa. und So. 10–18 Uhr, Mi. und Fr. 11–19 Uhr, Do. 11–21 Uhr, dienstags geschlossen, Eintritt: 40–180 CZK, bis 19. Mai