Lüge und Demagogie

Lüge und Demagogie

Regierung übersteht Misstrauensvotum – Babiš verteidigt sich

27. 5. 2015 - Text: Ivan DramlitschText: Ivan Dramlitsch; Foto: ČTK

Ein Misstrauensantrag gegen die Regierungskoalition aus Sozialdemokraten, ANO und Christdemokraten ist am Dienstagabend im Prager Parlament erwartungsgemäß gescheitert. Lediglich 47 von 185 Abgeordneten stimmten für den Antrag, der von den oppositionellen Mitte-Rechts-Parteien TOP 09 und ODS eingebracht wurde. Diese werfen dem Finanzminister und ANO-Vorsitzenden Andrej Babiš Machtmissbrauch und Korruption vor.

Auslöser des Misstrauensantrags war eine Parlamentsabstimmung in der vergangenen Woche, als die Abgeordneten der ANO-Fraktion entgegen vorhergehenden Ankündigungen für den Erhalt der steuerlichen Begünstigung von Biobrennstoffen gestimmt hatten. Von den Steuervorteilen würde der Finanzminister als Eigentümer des Agrofert-Konzerns, der auch Biobrennstoffe herstellt, unmittelbar profitieren, so die Opposition. Babiš befände sich nicht mehr nur in einem „permanenten Interessenkonflikt“, sondern begehe „Machtmissbrauch zu Gunsten seines Unternehmens“, meinte der ODS-Vorsitzende Petr Fiala. Für einen demokratischen Staat sei dies eine „beispiellose Situation“. TOP-09-Fraktionschef Miroslav Kalousek warf dem Finanzminister vor, sich auf Kosten der öffentlichen Haushalte zu bereichern. „Der Agrar-Baron wird unverhältnismäßig hohe Gewinne einfahren – aufgrund eines Gesetzes, das er selbst geschrieben hat“, so Kalousek über Babiš. In der Abstimmung gehe es seiner Meinung nach um das Schicksal eines „korrupten Regimes“.

Premierminister Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) kritisierte hingegen das Vorgehen der Opposition und warf ihr „Heuchelei“ vor. Ein Misstrauensantrag sei ein Mittel gegen Regierungen, deren „Handlungsfähigkeit von einem ernsthaften Skandal bedroht“ würde. Dies sei nicht der Fall, so Sobotka. Der Regierungschef machte darauf aufmerksam, dass die Subventionierung von Biobrennstoffen von der konservativen Vorgängerregierung eingeführt wurde und man daran nichts geändert habe. „Das hier ist ein heuchlerisches Spiel. In Wahrheit stört es sie, dass die Regierung ihr Programm realisiert“, griff der Premierminister die Opposition an.

Babiš selbst räumte zwar einen Interessenkonflikt ein, wies den Vorwurf des Missbrauchs jedoch von sich. „Ich mache mir doch für ein bisschen Kleingeld nicht den Namen kaputt“, erklärte der Finanzminister, der darauf hinwies, dass lediglich „lächer-liche“ 1,1 Prozent des Agrofert- Gesamtumsatzes von 240 Milliarden Kronen (umgerechnet 8,8 Milliarden Euro) aus Geschäften mit dem Staat resultierten. Die Opposition beschuldigte Babiš der „Lüge und Demagogie“.

Das Scheitern des Misstrauensantrags war bereits im Vorfeld klar, da die Regierung über eine komfortable Mehrheit von 111 Sitzen im 200 Abgeordnete umfassenden Prager Parlament verfügt. Zudem hatten die Kommunisten vor der Abstimmung angekündigt, sich enthalten zu wollen. Aussichtlosigkeit ist für tschechische Oppositionsfraktionen jedoch kein Grund, auf Misstrauensanträge zu verzichten. Rund ein Dutzend Mal bedienten sich Abgeordnete in den vergangenen sieben Jahren dieses Mittels – allerdings nur einmal erfolgreich: Im März 2009 stürzten die Sozialdemokraten die konservative Regierung von Premier Mirek Topolánek, ausgerechnet als Tschechien den EU-Ratsvorsitz innehatte.