Kommentar: Zwei kleine Kutter

Die Grünen machen es sich selbst schwer

4. 9. 2013 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel

Nun ist es also doch passiert. Der langjährige Parteichef der Grünen (SZ) und ehemalige Umweltminister Martin Bursík verlässt das Mutterschiff und heuert auf einem neuen Kutter eine eigene Mannschaft an. In Zukunft will er mit einem liberal-ökologischen Konstrukt auf Stimmenfang gehen. Schon lange schwelte ein Konflikt innerhalb der Grünen. 2009 gab Bursík den Parteivorsitz ab. Seither bestimmt der ehemalige Bildungsminister Ondřej Liška den Kurs der Grünen. Dieser ging leicht nach links. Liška schließt eine mögliche Koalition mit den Sozialdemokraten schon länger nicht mehr aus. Obwohl er stets betont, dass seine Partei kaum in ein Links-Rechts-Schema einzuordnen ist, sondern sich als dritten Pol der politischen Landschaft versteht. Nun möchte Bursík zurück zu den Wurzeln der Bewegung, die er einst mit aufbaute – und damit weit ins bürgerliche Polit-Lager hinein. Dort sucht er nach prominenten Befürwortern, auch und vor allem außerhalb des politischen Umfeldes. Zu den Unterstützern der Grün-Liberalen gehören Star-Ökonom Jan Švejnar und Schriftsteller-Legende Ivan Klíma.

Bursíks Bemühungen stehen repräsentativ für Tschechiens urban-intellektuelle Eliten und deren Sichtweise. Sie wollen irgendwie grün sein, kombinieren dies aber mit einem althergebrachten, unreflektierten und apodiktischen Anti-Linken-Reflex. Dieser im Vergleich zu den westlichen Nachbarn ziemlich singulären Einstellung kann man nun die gesellschaftspolitische Realität gegenüberstellen, die besagt, dass die Grünen zurzeit meilenweit entfernt sind vom Einzug ins Abgeordnetenhaus. In den Meinungsumfragen liegen sie bei drei Prozent – und dieser Wert wurde vor der Spaltung ermittelt. Bursík wie Liška fischen, ob etwas links der Mitte oder etwas rechts davon, in seichten Gewässern. Große Fänge sind dort gar nicht zu machen. Und zu allem Übel bekriegen sie sich nun auch noch darin – zwei kleine Kutter, hoffnungslos gestrandet am Rand des hiesigen Politozeans. Somit bleibt es wohl dabei, dass das zarte Pflänzchen des ökologischen Bewusstseins in Tschechien zumindest auf nationaler Ebene keine politischen Repräsentanten finden wird.