Kommentar: Schwarzenbergs Populismus

Kommentar: Schwarzenbergs Populismus

Statt Panikmache sollte der TOP-09-Chef lieber gegen Zeman tun, was in seiner Macht steht

17. 7. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: čtk

Karel Schwarzenberg ist kein heißblütiger Politiker. Auf Fragen von Journalisten brummelt er seine Antworten bedacht ins Mikrofon. Auch deshalb überrascht der scharfzüngige Kommentar des nunmehr ehemaligen Außenministers zum politischen Alleingang von Miloš Zeman. In seiner alten Exil-Heimat Österreich sagte Schwarzenberg der „Kleinen Zeitung“, Zemans geschicktes Taktieren innerhalb der Freiräume, die ihm zwar die Verfassung gewährt, die die verfassungsrechtlichen Gepflogenheiten jedoch verbieten – das sei vergleichbar mit anderen historischen Machtergreifungen: solchen wie in der Tschechoslowakei 1948 und in Deutschland 1933.

Ja, der Präsident formt die parlamentarische Demokratie zu seinen Gunsten. Zeman missachtet den Willen der gewählten Repräsentanten, um eine Regierung einzusetzen, die nach der Pfeife des Präsidenten und seiner Unternehmerfreunde tanzt. Das ist ein gewaltiger Ruck hin zum präsidialen System und in der Tschechischen Republik beispiellos. Und ja, es ist gut, dass jemand Zeman die Stirn bietet. Aber den Tschechen droht keine Diktatur – das weiß auch Schwarzenberg. Das Zemans einstiger Kontrahent im Kampf um die Burg diesen Vergleich zieht, verdeckt den Blick auf entscheidende Tatsachen: Es war die Mitte-Rechts-Regierung – und Schwarzenberg war ihr stellvertretender Vorsitzender – die die Direktwahl des Präsidenten durchgesetzt hat; allen Warnungen vor Gefahren für das verfassungsrechtliche Gleichgewicht zum Trotz. Es war die Mitte-Rechts-Regierung, die mit ihrem radikalen Sparkurs viele Bürger prekäre Lebensverhältnisse in Aussicht gestellt hat. Im Wahlkampf hat sich Zeman als der Präsident inszeniert, der der asozialen Politik der Koalition ein Ende bereitet. Er hat gewonnen und erfüllt seine Wahlversprechen – auch wenn sie von Anfang an nicht dem entsprachen, was die Verfassung vom Präsidenten erwartet. Ob Zemans Staatsstreich gelingt, liegt jetzt auch in Schwarzenbergs Händen. Am Mittwoch (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) stimmt das Parlament über seine Auflösung ab.

Findet sich eine Drei-Fünftel-Mehrheit, stehen innerhalb von 30 Tagen Neuwahlen an und Zemans Machtergreifung nimmt, zumindest vorerst, ein Ende. Schwarzenbergs TOP 09 jedoch hat bereits angekündigt, gegen die Auflösung zu stimmen. So schnell möchten die Konservativen nicht der Macht entsagen – so gefährlich scheint Zemans „Machtergreifung“ dann doch nicht. Schwarzenberg sollte lieber weiter mit Bedacht reden und entschieden gegen Zemans Machtgelüste handeln, indem er seine Partei umstimmt. Populistische Panikmache vom abgesägten Rivalen hilft, wenn überhaupt, dann Zeman.