Kommentar: Bedauerliche Ablehnung

Kommentar: Bedauerliche Ablehnung

Schüler sollten Empathie für Flüchtlinge lernen

28. 1. 2016 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: ČTK/PA/Borut Zivulovic/FA Bobo/PIXSELL/Press Association Images

Lehrmaterialien an tschechischen Schulen sorgen in der Regel nicht für politischen Zündstoff. Wenn es allerdings um den Zustrom von Flüchtlingen nach Europa geht, gerät sogar ein Schulheft schnell zum Politikum. Stein des Anstoßes ist ein Bildungsprojekt des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge, das in Tschechien von der Nichtregierungsorganisation META verbreitet wird. Ein Comic und ein Kurzfilm soll Schülern helfen, sich in die Rolle eines Kindes aus einem Kriegsgebiet hineinzuversetzen und dadurch Ängste und Vorurteile abzubauen. Ein sinnvolles Projekt, sollte man meinen – gerade weil die meisten Tschechen in der Flüchtlingskrise nicht über den eigenen Tellerrand schauen.

Bildungs­ministerin Kateřina Valachová (ČSSD) sieht das anders und lehnt die Unterrichtsmaterialien ab, da sie den Schülern Angst machen würden. Kinder dürften auf keinen Fall in die „ernsthafte Debatte“ für Erwachsene hineingezogen werden. Ganz primitive Worte fand Staatspräsident Zeman für das „idiotische und gefährliche Projekt“. Die Geschichte des Kindes in Not sei für ihn „so dämlich wie bolschewistische Propaganda“. Bedauerlich, dass die ältere Generation der jüngeren wieder einmal im Weg steht. Es wäre wichtig, dass junge Tschechen das Flüchtlingsproblem von einer anderen Seite kennenlernen. Einer aktuellen Umfrage zufolge lehnen die meisten Tschechen – egal welchen Alters – eine Aufnahme von Flüchtlingen ab. Wenn nun sogar ein Schulheft zum Politikum wird, dann bleibt das auch so.