Kampf der Armut

Kampf der Armut

Premier Sobotka verspricht Hilfe für Menschen mit geringem Einkommen

10. 9. 2015 - Text: Marcus HundtText: mh/čtk; Foto: ČTK

Regierungschef Bohuslav Sobotka hat der Armut den Kampf angesagt. Auf der von der Friedrich-Ebert-Stiftung organisierten „Prague Social Europe Conference“ gab der Sozialdemokrat am vergangenen Freitag das Ziel aus, die Zahl der an der Armutsgrenze lebenden Tschechen bis 2020 um 100.000 zu senken. Ursprünglich hatte die Regierung nur eine Zahl von 30.000 angekündigt. „Unser Vorhaben ist ambitioniert. Doch wir wollen die Lage der Menschen unbedingt verbessern“, erklärte Sobotka.

Derzeit sind ungefähr 1,5 Millionen, also etwa jeder siebte Einwohner Tschechiens, von Armut betroffen. Dazu gehören Menschen, die einschließlich aller staatlichen Transfers wie Wohn- oder Kindergeld weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens erreichen. In Tschechien lag diese Grenze Ende Juli bei rund 15.700 Kronen brutto (umgerechnet etwa 580 Euro) im Monat.

Laut dem Premier weise sein Land im europäischen Vergleich „in einer Reihe volkswirtschaftlicher Indikatoren“ überdurchschnittliche Werte auf. Zum Beispiel lag die Arbeitslosenquote in Tschechien im Juli bei 5,2 Prozent und gehörte damit zu den niedrigsten innerhalb der Europäischen Union. Vor den Konferenzteilnehmern lobte Sobotka indirekt die bisherige Arbeit seiner Regierung; an dem Schlagwort des „gut funktionierenden Sozialstaates“, mit dem die ČSSD im Jahr 2013 in die Parlamentswahlen gezogen sei, werde festgehalten. Diese Maxime könne den Auswüchsen des Kapitalismus entgegentreten, zeigte sich Sobotka in seiner Rede überzeugt.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise sei zwar überwunden, doch die Schere zwischen Arm und Reich würde überall in Europa – trotz guter Wirtschaftsaussichten – immer weiter auseinandergehen. Damit dieser Trend zumindest in Tschechien gestoppt werde, beschäftige sich seine Regierung intensiv mit der „Frage einer gerechten Verteilung“. „Menschenwürdige Einkommen, angemessene Wohnpreise und faire Arbeitsbedingungen“ müssten auf Dauer gewährleistet sein.

Die Europäische Union forderte Sobotka auf, sich mit den Folgen der aktuellen Flüchtlingswelle auf die Sozialsysteme auseinanderzusetzen: „Die Zuwanderung darf nicht dazu führen, dass die Personenfreizügigkeit und der Lebensstandard eingeschränkt werden.“ Die Mitgliedstaaten der EU sollten sich darum bemühen, das Potential der Asylsuchenden zu nutzen und sie in die jeweilige Gesellschaft zu integrieren. Gleichzeitig forderte er die Regierungen auf, mehr in Sprache und Bildung zu investieren. Dadurch könnten mehr Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert werden.