Heiter bis wolkig

Heiter bis wolkig

Tschechiens neuer Staatspräsident will eine Mittlerrolle einnehmen – und sagt unliebsamen Medien den Kampf an

15. 3. 2013 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: čtk

Als Václav Klaus von seinem Amt als Staatsoberhaupt Abschied nahm, herrschte strahlender Sonnenschein über Prag. Die Vorboten des Frühlings hatten in der Hauptstadt Einzug gehalten, die Straßen und Plätze waren dementsprechend gefüllt. Am Freitag plötzlich wehte ein eisiger Wind, die Prager Burg wirkte ganz und gar grau unter einem wolkenverhangenen Himmel.

Sollte es am Wetter gelegen haben, dass an diesem Tag weitaus weniger Menschen als erwartet zur feierlichen Amtseinführung von Miloš Zeman gekommen waren? Nur etwa 200 Einheimische und Touristen verfolgten am Hradschiner Platz auf einem Großbildschirm zunächst die Inauguration und waren kurze Zeit später dabei, als Zeman an der Statue des Staatsgründers Tomáš G. Masaryk einen Kranz niederlegte. Das dortige „Treffen mit den Bürgern“, wie es laut Protokoll vorgesehen war, kam nicht zustande. Diejenigen, die den Amtsantritt hautnah erleben wollten, wurden nicht nur deswegen enttäuscht. Den Mann des Tages bekamen die Zuschauer kaum zu Gesicht. „Nur weil jemand einen schicken Schal umhat, darf er woanders stehen als der Normalbürger“, beschwerte sich ein aus Pardubice angereister Zaungast über den unnahbaren Präsidenten. Wegen zu weit vom Ort des Geschehens entfernter Absperrungen fühlte er sich „wie ein Mensch zweiter Klasse“.

Für die erste Klasse ließen sich rund 40 Parlamentarier entschuldigen – zum überwiegenden Teil solche, die den Regierungsparteien ODS und TOP 09 angehören. Als Anzeichen dafür, wie die Zusammenarbeit zwischen Präsident und Regierung künftig aussehen wird, will das Premier Petr Nečas (ODS) aber nicht verstanden wissen. Er rechne damit, die Kommunikation werde „positiv und gut“ verlaufen. Der einstige Chef der Sozialdemokraten indes sagte seine Teilnahme an Regierungsverhandlungen am Mittwoch ab, zu denen ihn Nečas persönlich eingeladen hatte. Stattdessen will sich Präsident Zeman lieber mit den – fast ausschließlich linksgerichteten – Kreishauptmännern treffen.

In seiner ersten Rede als Staatsoberhaupt – die Nečas später lapidar als „Beitrag zur Beruhigung der Gesellschaft“ umschrieb – sagte Zeman vor allem der Korruption und den Medien im Land den Kampf an. Vor 600 geladenen Gästen, zu denen auch Amtsvorgänger Klaus sowie Dagmar Havlová, die Witwe des ersten tschechischen Präsidenten, zählten, erklärte Zeman im Vladislav-Saal der Prager Burg, er wolle die Rolle eines „neutralen Mittlers im Dia­log zwischen Parteien und Organisationen“ übernehmen. Die Wirtschaftsmafia, Neonazis und ein „Teil der Medien“ gehörten seiner Meinung nach zu einer „Insel der negativen Devianz“. In Rage redete sich der ungewohnt nervös wirkende Zeman, als er über die „geschwätzigen Kommentatoren, die über alles schreiben und nichts verstehen“, sprach. Zahlreiche Medien würden „Gehirnwäsche“ betreiben und die öffentliche Meinung manipulieren.

Während die parlamentarische Opposition ausschließlich lobende Worte für die Rede fand – ČSSD-Chef Bohuslav Sobotka begrüßte vor allem die Unterstützung Zemans für ein Gesetzesvorhaben, das Politiker zur Offenlegung ihrer Gehälter und Vermögen verpflichten soll – hatten Regierungs- und Medienvertreter einiges an ihr auszusetzen. Der im Präsidentschaftswahlkampf unterlegene Außenminister Karel Schwarzenberg (TOP 09) etwa monierte, dass sich Zeman mit keinem einzigen Wort über seine politischen Ziele geäußert habe. Auch der Politologe Petr Just findet dafür Kritik: „Schließlich ist gerade die Außenpolitik eine Domäne des Staatsoberhaupts“.

Den Politik-Experten Tomáš Lebeda beunruhigt vor allem Zemans angekündigter Feldzug gegen die Medien und den darauf folgenden Applaus des Publikums. „Daran erkennt man, welche Werte die politische Elite unseres Landes vertritt“, so Lebeda.