Glanz und Glamour für die Provinz

Glanz und Glamour für die Provinz

Bundesligist Hoffenheim verspricht sich viel von Neuzugang Pavel Kadeřábek

9. 7. 2015 - Text: Klaus HanischText: Klaus Hanisch; Foto: ČTK/imago sportfotodienst

Erste Worte wechselten sie schon bei der U21-EM, vor dem Gruppenspiel zwischen Deutschland und Tschechien. „Er kam zu mir und gab mir die Hand“, erinnerte sich Kevin Volland, „und dann gab es den üblichen Small Talk.“

Mit Beginn der neuen Saison wird Volland deutlich mehr über Pavel Kadeřábek erfahren. Der Tscheche wechselt von Sparta Prag zu dessen Klub 1899 Hoffenheim und unterzeichnete dort einen Vertrag bis 2019. Doch Volland weiß schon jetzt um sein Potenzial. „Er kann über 90 Minuten volles Brett auf und ab marschieren“, begeisterte sich der Stürmer gegenüber der „Prager Zeitung.“

Diese Stärke bereitete auch den Deutschen bei der EM Kopfzerbrechen. „Deshalb änderten wir extra unsere Aufstellung für dieses Spiel“, blickte Volland zurück, „und stellten mit Nico Schulz einen zweiten defensiven Spieler nach vorne auf die linke Seite.“

Er sollte gemeinsam mit Linksverteidiger Christian Günter die brandgefährlichen Vorstöße von Kadeřábek unterbinden, die ihn auch während des Turnierverlaufs ausgezeichnet hatten. Tatsächlich wurde diese Maßnahme hinterher als ausschlaggebend für den Einzug der Deutschen ins Halbfinale gefeiert. Pavel Kadeřábek selbst war vor diesem Spiel nicht ganz wohl zumute. Er müsse gegen Volland vorsichtig agieren und dürfe keinesfalls das Hoffenheimer Fan-Idol verletzen, scherzte der 23-Jährige. Sonst brauche er sich dort überhaupt nicht blicken zu lassen.

Gewünschtes Niveau
Der Tscheche zeigte sich froh darüber, den Vertrag noch kurz vor der EM unterschrieben zu haben. „Hoffenheim ist ein Top-Klub mit Ambitionen, man will in europäischen Pokalwettbewerben mitspielen“, so Kadeřábek.

Also zögerte er nicht lange, als 1899 schon während der vergangenen Saison Kontakt zu ihm aufnahm. „Der Trainer und der Sportdirektor kamen, schickten mir Bilder, wie es in dem Klub aussieht und ich war auch selbst dort, zu einem Medizincheck“, so der Rechtsverteidiger. Der Verein überzeugte ihn. „Hoffenheim hat einen tollen Eindruck auf mich gemacht, sie haben ein modernes Stadion und Trainingszentrum.“ Auch seine Verhandlungspartner gefielen ihm. „Nette Leute dort, sehr angenehm“, betonte er.

Dies gilt ebenso umgekehrt. Es freue ihn, dass sich mit Kadeřábek „ein viel umworbener junger Spieler für die TSG entschieden hat“, erklärte Hoffenheims Direktor Alexander Rosen. Der Neuzugang erfülle mit seiner starken Physis und Dynamik exakt die sportlichen Ansprüche, um das Hoffenheimer Spiel „auf das gewünschte Niveau weiterzuentwickeln.“

Stammkraft im A-Team
Kadeřábek ist zuversichtlich, die hohen Erwartungen erfüllen zu können. Mit seinen Qualitäten passe er genau in das von Hoffenheim praktizierte System, glaubt der 1,82 Meter große Tscheche. Vor allem das „aggressive Spiel gegen den Ball und das schnelle Umschalten kommen mir entgegen“, analysierte er. Und noch etwas anderes zählt für die große Nachwuchshoffnung der Tschechen. „Jeder Fußballer hat den Traum, einmal ins Ausland zu gehen“, sagte Kadeřábek schon vergangenen Dezember. Und die Bundesliga sei ideal für ihn. „Sie legt viel Wert auf hohes Tempo und Kondition. Ich denke, sie passt gut zu mir.“

Gut 3,5 Millionen Euro ist den Hoffenheimern diese Neuverpflichtung wert. „Mit Kadeřábek und anderen Neuen wie Schär aus Basel oder Schmid aus Freiburg haben wir uns gut verstärkt und unseren Kader verbreitert“, freute sich Volland bereits auf die nächste Spielzeit. Gerade die rechte Außenbahn war zuletzt eine Problemzone der Hoffenheimer. Weder der Kapitän und langjährige Stammspieler Andreas Beck noch der deutsche Nationalspieler Sebastian Rudy besetzten sie zur Zufriedenheit von Trainer Markus Gisdol.

Wie Kadeřábek will auch Kevin Volland nun endlich mit 1899 in einen europäischen Wettbewerb einziehen. Trotz des schmerzhaften Abgangs von Roberto Firmino für angeblich 41 Millionen Euro zum FC Liverpool. Deshalb schlug Volland zahlreiche Angebote aus und verlängerte in Hoffenheim seinen Vertrag kürzlich bis 2019. Für solch internationale Aufgaben besitzt Pavel Kadeřábek trotz seines Alters bereits viel Erfahrung. Er durchlief alle Junioren-Nationalmannschaften Tschechiens und ist nach acht Länderspielen nun Stammkraft im A-Team. Für Sparta absolvierte er 24 Einsätze in Champions- und Europa League.

Ungewöhnlicher Verteidiger
In der heimischen Liga war Kadeřábek in 87 Partien am Ball, erzielte dabei elf Tore und bereitete 15 vor. Seit 2010 (U19) spielte er für Sparta Prag, wo er eigentlich noch bis 2018 vertraglich gebunden war. Nach der letzten Saison belegte er den zweiten Platz bei der Wahl zum „Fußballer des Jahres“ hinter seinem Klubkollegen David Lafata und noch vor Tomáš Rosický (Arsenal London). Durchaus ungewöhnlich für einen Außenverteidiger.
Mit Pavel Kadeřábek kommt nicht nur ein starker Fußballer in die verschlafene Kraichgau-Provinz, sondern auch ein wenig Glamour. Der gebürtige Prager ist mit Tereza Chlebovská liiert. Sie arbeitet als Model und Moderatorin und war „Miss Tschechien 2012“.