Frühstück mit Beigeschmack

Frühstück mit Beigeschmack

Umstrittener Autobahnausbau zwischen Dresden und Prag bewilligt – Freie Fahrt ab 2015

14. 5. 2012 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto:

Der Anfang ist alles andere als vielversprechend. Am vergangenen Montag, nach einer Bauzeit von 28 Jahren, sollte endlich der Spatenstich für die letzten fehlenden Autobahnkilometer zwischen Dresden und Prag erfolgen. Seit 1984 wird an der D8 zwischen der tschechischen Hauptstadt und der deutschen Staatsgrenze gebaut. Zuletzt hatte ein Rechtsstreit zwischen Umweltschützern und Beamten Kraftfahrer und Anwohner auf eine fünf Jahre andauernde Geduldsprobe gestellt.

Statt Montag sollen nun laut Sprecherin der Baufirma Eurovia, Petra Kučerová, am Mittwoch (nach Redaktionsschluss) die Bauarbeiter die verbleibenden 12,7 Kilometer in Angriff nehmen. Kostenpunkt: 12 bis 15 Milliarden Kronen (circa 477 bis 596 Millionen Euro). Ende 2014 soll der Bau des Autobahnteilstücks zwischen Lovosice und der Gemeinde Řehlovice bei Ústí nad Labem abgeschlossen werden. Und auch wenn wiederum ein Spatenstich verschoben wurde, die Motivation für eine Fertigstellung bis 2015 sollte groß genug sein: Kann der Termin nicht eingehalten werden, droht Brüssel mit der Streichung von EU-Fördergeldern von über 330 Millionen Euro.

Die Baufirma Eurovia liegt bereits seit Jahren im Clinch mit dem Verkehrsministerium. Das beanstandet unter anderem überteuerte Subverträge und mangelnde Qualität.

Zum vergangenen Samstag hatte die Kreisverwaltung Ústí nad Labem grünes Licht für die Bauarbeiten gegeben. Nachdem ein Widerspruch gegen die Baugenehmigung abgelehnt worden war, sollte der Fertigstellung nun nichts mehr im Wege stehen. Das Teilstück führt durch das Naturschutzgebiet Böhmisches Mittelgebirge. Die kegelförmigen Erhebungen sollen einst sogar Alexander von Humboldt begeistert haben, der 1819 die mit 836 Metern höchste Erhebung des Mittelgebirges, den Donnersberg (Milešovka), besucht und den Ausblick als den drittschönsten der Welt gelobt hatte.

Keine fünf Kilometer von Humboldts Milešovka entfernt soll bis 2015 die D8 endlich einen reibungslosen Lkw- und Pkw-Verkehr zwischen Dresden und Prag ermöglichen. Gerade die Trassenführung durch das Naturschutzgebiet hatte seit den 1990er Jahren Umweltschützer auf den Plan gerufen. In der Kritik standen die tschechischen Behörden unter anderem deshalb, weil die D8 auf insgesamt sieben Teilstücke aufgeteilt wurde, auf die jeweils unabhängige Baugenehmigungen erteilt worden waren. Die sogenannte „Salamitaktik“ führt laut Kritikern dazu, dass der Bau strittiger Abschnitte kaum zu verhindern sei.

Aufatmen lässt die Genehmigung des letzten Teilstücks nicht nur Autofahrer und Transport-Unternehmer. Auch die Anwohner entlang der Ausweichstrecken dürften sich freuen. Auf insgesamt 60 Kilometern fahren heute täglich bis zu 10.000 Fahrzeuge – teils mitten durch die Ortskerne anliegender Gemeinden.

Für Schlagzeilen hatte auch das zuletzt fertiggestellte Stück zwischen Lovosice und Bílinka gesorgt. Erst nach der Fertigstellung der 3,7 Kilometer hatte sich herausgestellt, dass die Autobahndirektion (ŘSD) eine illegale Brücke hatte bauen lassen. Die ursprüngliche Baugenehmigung wurde dabei auf einen anderen Brückentyp ausgestellt als jener, der schließlich gebaut wurde. Die zunächst letzte Episode der Pleitenserie um die D8 führte dazu, dass trotz Fertigstellung um Weihnachten 2011 die ersten Autos hier erst zum 14. Mai fahren dürfen.

Nicht nur deshalb hat der Slogan „Zum Frühstück nach Prag“, der die Autobahnverbindung A17/D8 von Dresden in die Moldaumetropole schmackhaft machen soll, einen bitteren Beigeschmack. Bereits ein früheres Gerichtsurteil hatte nämlich befunden, dass unter anderem bei der Umweltverträglichkeitsanalyse von 1990 die Öffentlichkeit übergangen wurde.