Folgenreiches Treffen

Folgenreiches Treffen

ČSSD-Chef erhält Rückendeckung – Rebellen in der Defensive

6. 11. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: ČTK/Doležal Michal

Waren sie nun auf Schloss Lány, oder waren sich nicht? Die Frage, wo sich vier stellvertretende Vorsitzende und ein Kreishauptmann der ČSSD am Wahlabend aufhielten, beschäftigte Tschechiens Journalisten mehrere Tage lang. In die Mangel nahmen sie dabei vor allem den Vize-Vorsitzenden der Partei Michal Hašek. Nicht ohne Grund: Er ist langjähriger Rivale von ČSSD-Chef Bohuslav Sobotka und bekannt für seinen guten Draht zu Präsident Miloš Zeman. Während des Treffens soll laut Medienberichten über die Zukunft von Sobotka gesprochen worden sein, nachdem dieser die Sozialdemokraten zwar zum Wahlsieg, aber mit 20,45 Prozent zu einem sehr knappen geführt hat.

Wie Sobotkas Zukunft auszusehen hat, machte der Parteivorstand nur wenige Stunden nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses klar. Der Vorsitzende wurde zum Rücktritt aufgefordert. In einer Interviewsendung des Tschechischen Fernsehens behauptete Hašek ganze elf Mal, dass die Sitzung mit dem Präsidenten nie stattgefunden habe. „Das angebliche Treffen hat es nicht gegeben, das ist ein Gerücht“, sagte Hašek der Journalistin Daniela Drtinová, die nicht müde wurde, ihre Frage zu wiederholen. Sein Parteikollege Milan Chovanec hingegen bestätigte Journalisten das „Geheimtreffen“ mehrmals.

Am Donnerstag gab Hašek schließlich klein bei: „Es tut mir leid, man soll nicht lügen. Weder in der Politik noch im Leben“, sagte der Vize-Vorsitzende nach einer Verhandlung des politischen Gremiums seiner Partei. Wie die Zukunft der Rebellen in der Partei aussehen soll, darüber will das Zentralkomitee am 10. November entscheiden. „Sollte das Zentralkomitee den Parteichef in seiner Funktion bestätigen, wäre Sobotka wieder voll im Spiel – und der von außen angezettelte Verrat durch den Parteivorstand wäre beim Namen genannt“, sagte Jiří Dienstbier, Präsidentschaftskandidat der Sozialdemokraten und einer von Zemans größten Kritikern in der Partei.

Das Blatt scheint sich indes zugunsten von Sobotka zu wenden. Am Dienstag stellte sich mit der mittelböhmischen Kreisorganisation bereits die neunte regionale Parteigruppierung hinter den Vorsitzenden. „Ich gehe davon aus, dass das Zentralkomitee entscheidet, wer die Sozialdemokraten in den Verhandlungen zur Regierungsbildung anführen wird“, gab sich Sobotka am Dienstag selbstbewusst. Nachdem es sich eine Woche zuvor aufgelöst hatte, wurde das ČSSD-Team für die Koalitionsverhandlungen am Donnerstag wieder aufgestellt – bislang besteht es aus einem einzigen Mann: Sobotka.

Die möglichen Koalitionspartner können in der Zwischenzeit entspannt ihre Kräfte sammeln. Die Christdemokraten und die politische Bewegung des Milliardärs und Medienmoguls Andrej Babiš ANO üben demonstrativ den Schulterschluss. Nach einem Treffen am Donnerstag verschickten sie eine gemeinsame Pressemitteilung. Eine Regierungsbeteiligung werde es entweder zusammen oder gar nicht geben. Die weiteren Optionen: Man geht geschlossen in die Opposition oder man ermöglicht gemeinsam eine Minderheitsregierung der ČSSD.

Einen Stolperstein legte der Dreierkoalition unterdessen Präsident Zeman in den Weg. Er werde nur solche Abgeordneten zu Ministern machen, die ein sauberes Lustrationsregister vorweisen können. Das trifft vor allem Andrej Babiš, der in den slowakischen Geheimdienstakten als Agent „Bureš“ geführt wird. Eine Gerichtsverhandlung, bei der er vor den Wahlen das Gegenteil hätte beweisen wollen, ließ der Großunternehmer ausfallen.

Zeman, der sich momentan im Rollstuhl von einem Sturz erholt, wendete sich indes von seinem einstigen Verbündeten Hašek ab. Die versuchte Geheimhaltung des samstäglichen Treffens in seiner mittelböhmischen Residenz habe er als „etwas komisch“ empfunden. Im Gespräch mit der Tageszeitung „Právo“ erklärte Zeman, er habe vielmehr erwartet, dass sich Hašek mit dem Treffen mit dem Staatsoberhaupt brüsten würde. Mit der Regierungsbildung beauftrage er denjenigen, den ihm die Siegerpartei vorschlagen werde.

Im Salon Nummer 6 des Hotels Olšanka im Prager Stadtteil Žižkov dürfte es am Sonntag eng werden. Um 14 Uhr wird dort den Journalisten das Ergebnis der Verhandlung des ČSSD-Zentralkomitees mitgeteilt. Ein Moment, der vieles entscheidet:  für Hašek und Sobotka, für die Sozialdemokraten und das gesamte Land.