Die Geschichte des guten Geschmacks

Die Geschichte des guten Geschmacks

Die Ausstellung „Sinn für Kunst“ bringt Werke der vergangenen 125 Jahre im Salm-Palais zusammen. Sie zeigt den Wandel der großen Ideale

17. 11. 2015 - Text: Jan NechanickýText: Jan Nechanický; Bild: Josef Lada: „Der Wassermann“ / Národní galerie v Praze

Die Tschechische Akademie der Wissenschaften und Künste hat sich zum Ziel gesetzt, Forschung und Kultur zu unterstützen und dabei besonders die tschechische Sprache und Literatur zu fördern. Seit ihrer Gründung vor 125 Jahren verleiht die Institution Auszeichnungen für hervorragende Leistungen in den Bereichen Literatur, Musik und bildende Kunst. Einige Preisträger übergaben ihre Werke der Akademie, die meisten sind jedoch in Besitz anderer Institutionen oder privater Sammler. Die Ausstellung „Smysl pro umění“ („Sinn für Kunst“) im Salm-Palais ermöglicht es zum ersten Mal, alle diese Werke an einem Ort zu sehen.

Im Unterschied zu heute, da die Auszeichnungen und Stipendien eher darauf abzielen, junge Talente zu fördern, sollten die Akademiepreise zu Beginn ein Ausdruck gesellschaftlicher Anerkennung für bekannte und angesehene Künstler sein. Anfangs wurden die Preise für ein Kunstwerk verliehen, später oft für das gesamte Lebenswerk. Den Geehrten kam häufig eine Vorbildrolle zu, ihre Werke galten in der Gesellschaft als künstlerische Ideale. Die aktuelle Ausstellung vermittelt einen Eindruck davon, wie sich die Vorstellung von solchen Idealen im Lauf der Zeit entwickelte.

Während der Akzent um 1900 noch auf Klassikern der Nationalen Wiedergeburt lag – zu sehen sind aus dieser Epoche Werke von Vojtěch Hynais, Mikoláš Aleš oder Josef Václav Myslbek – verschob er sich während der zwanziger und dreißiger Jahre langsam auf Werke des Kubismus und Symbolismus – etwa von František Kupka oder František Bílek. Anschließend zwang der Zweite Weltkrieg viele Künstler, sich in eine innere Emigration zurückzuziehen. Typisch dafür sind etwa die Landschafts- und Volksmotive, die beim Kinderbuchillustrator Josef Lada zu finden sind.

Obwohl in den Ausstellungsräumen vor allem Werke bildender Kunst dominieren, bleiben Musik und Literatur nicht unbeachtet. Gezeigt werden Ausschnitte aus Gedichten und Prosa tschechischer Autoren, die eine entscheidende Rolle bei der Entstehung einer nationalen Literatur spielten, darunter Alois Jirásek, Jaroslav Vrchlický oder Jaroslav Halvíček. Teilweise kann man sich auch zeitgenössische Tonbandaufnahmen anhören. Akustisch ausgestellt sind auch die Werke der augezeichneten Musiker. Es erklingen Auszüge aus Werken von Antonín Dvořák, Leoš Janáček oder Josef Bohuslav Foerster.

Insgesamt zeigt die Ausstellung auf interessante Weise, wie wandelbar ästhetische Kategorien sein können und wie abhängig der Geschmack vom Geist der Zeit ist.

Smysl pro umění. Salmovský palác (Hradčanské náměstí 2, Prag 1), geöffnet: täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Eintritt 100 CZK (ermäßigt 50 CZK), bis 10. Januar, www.ngprague.cz