Aufgeschoben oder aufgehoben?

Aufgeschoben oder aufgehoben?

Das Ringen um ein Rauchverbot sorgt für Streit in der Koalition

31. 5. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: kw/čtk; Foto: APZ

Präsident Miloš Zeman machte aus seiner Freude keinen Hehl. „Sie haben vielleicht mein fröhliches Lächeln bemerkt, als das Gesetz gescheitert ist. Als starker Raucher wäre ich in einen Interessenkonflikt geraten. Ich hätte kein Veto einlegen können. Aber dass es nicht durchgekommen ist, freut mich sehr“, sagte er, als klar wurde, dass es auch dieses Mal nicht reichte.

Nichtraucher hatten seit vergangenem Juni Grund zur Hoffnung auf gute Luft in Restaurants, Bars und Clubs. Damals billigte die Regierung den Entwurf von Gesundheitsminister Svatopluk Němeček (ČSSD), der ein strenges Rauchverbot vorsah. Am vergangenen Mittwoch scheiterte die Novelle im Abgeordnetenhaus; wenn auch nur knapp. Acht Stimmen fehlten – darunter auch die einiger Abweichler der Koalitionspartei ANO. „Sie handelten im Sinne der Tabaklobby und schaden damit den Interessen der Bürger“, kommentierte Premier Bohuslav Sobotka (ČSSD) den Ausgang der Abstimmung. Vizepremier und ANO-Chef Andrej Babiš vertrat eine andere Version der Geschichte: Der Gesetzentwurf sei während der Anhörung im Abgeordnetenhaus verändert worden – und das eher zugunsten der Raucher. Sobotka lüge, wenn er behaupte, ANO habe die Verabschiedung der Regierungsvorlage zum Nichtraucherschutz verhindert. „Es handelt sich um einen klassischen Tiefschlag unserer Koalitionspartner. Auf Regierungsebene sichern wir einem Gesetz unsere Unterstützung zu, danach wird es im Abgeordnetenhaus von den Sozialdemokraten im Einvernehmen mit der Opposition bearbeitet.“ Falls das so weitergehe, werde die Koalition wahrscheinlich nicht mehr lange halten, fügte Babiš gegenüber Journalisten in Brüssel hinzu. Er sei genervt.

Erleichtert vom vorläufigen Scheitern des Gesetzes zeigte sich neben Präsident Zeman auch der Hotel- und Gaststättenverband. Die Regierung habe von Anfang an keine Rücksicht auf ihre Belange genommen. Reaktionen kamen auch aus der Alkoholindustrie – das Gesetz enthält Passagen, die den Alkoholkonsum Minderjähriger strenger regulieren und die Wirte stärker in die Verantwortung nehmen. Der Verband der Spirituosenhersteller zeigte sich enttäuscht. Um das Gesetz endlich zu verabschieden, müsse man den Nichtraucher-Teil und die Neuregelungen zum Alkohol­ausschank an Jugendliche voneinander trennen, kommentierte der Vorsitzende Jaroslav Burkart das Scheitern der Vorlage.
Scharfe Kritik äußerten Patienten- und Ärztevereinigungen. Die Vorsitzende der Onkologischen Gesellschaft Jana Prausová sprach von einer „Verhöhnung der Bürger“. Die Abstimmung habe bestätigt, dass die Gesundheit der Menschen für einige Politiker keine Bedeutung habe.  

Wird in Tschechien also weiterhin fröhlich geraucht? Die Regierung gibt sich noch nicht geschlagen und hat am Montag einstimmig einen angepassten Gesetzentwurf gebilligt. Er berücksichtigt auch den Vorschlag des Abgeordneten Marek Benda (ODS), separate Raucherzimmer in Gaststätten zu erlauben. An dieser Änderung hatten sich einige ANO-Abgeordnete gestört, die im Parlament zunächst gegen die Regierung gestimmt hatten.

Für den nächsten Anlauf gibt sich der Premier optimistisch: „Ich glaube, dass das Gesetz im Parlament nicht noch einmal scheitern wird und unser Koalitionspartner sich derart verantwortlich zeigen wird, dass das Gesetz ab 2017 in Kraft treten kann.“ Zumindest in diesem Jahr wird Zeman das Lachen wohl nicht mehr vergehen.