Auf dem Weg zu neuem Ruhm
Unesco

Auf dem Weg zu neuem Ruhm

Elf Kurstädte wollen gemeinsam Weltkulturerbe werden. Jetzt stellen sie bei der Unesco den Antrag. Unter ihnen sind je drei Bäder aus Tschechien und Deutschland

28. 1. 2019 - Text: Klaus Hanisch

Petr Drulák, tschechischer Botschafter in Paris, hat am 23. Januar die gemeinsamen Unterlagen in der Unesco-Zentrale abgegeben. Und damit die heiße Phase der Bewerbung eingeleitet. „Jetzt ist es offiziell“, bekräftigt Peter Weidisch, Projektleiter in Bad Kissingen, gegenüber der „Prager Zeitung“. Die Kurorte unterstreichen damit ihren festen Willen, tatsächlich als Welterbe anerkannt zu werden.

Tags zuvor unterzeichneten die Stadtoberhäupter und die Unesco-Botschafter aus den sieben beteiligten Staaten in der tschechischen Botschaft in Paris den Antrag an die Unesco. „Wir haben gemeinsam das Dossier abschließen können, das war ein entscheidender Schritt“, erläuterte Bad Kissingens Oberbürgermeister Kay Blankenburg. Seine Stadt vertritt Deutschland gemeinsam mit Baden-Baden und Bad Ems.

Federführend bei der Bewerbung ist Tschechien. Von dort gehören Karlsbad (Karlovy Vary), Marienbad (Mariánské Lázně) und Franzensbad (Františkovy Lázně) zu den Kandidaten. In den vergangenen Jahren hatte Petr Kulhánek, der Primator von Karlsbad, den Vorsitz. Nach den Kommunalwahlen im vergangenen Herbst setzt die neue Oberbürgermeisterin Andrea Pfeffer-Ferklová diese Aufgabe fort.

Neben den tschechischen und deutschen Badeorten wollen auch Spa (Belgien), Vichy (Frankreich), Baden (Österreich), Montecatini Terme (Italien) und Bath (England) diesen Titel unbedingt. „Sehr optimistisch“ sei er, sagt Weidisch, dass sich das Ziel verwirklichen lasse. Das Treffen in Paris war für ihn „fast schon ein Familientreffen“.

Denn die Projektverantwortlichen der Städte kennen sich mittlerweile seit fast einem Jahrzehnt. So lange verfolgen europäische Kurstädte bereits das Ziel, Weltkulturerbe zu werden (die PZ berichtete ausführlich). Damals reifte die Einsicht, dass nur eine gemeinsame internationale Bewerbung unter dem Slogan „Europäische Kurstädte von Weltbedeutung“ Aussicht hat, als Welterbe anerkannt zu werden. Vor Kurzem haben sich diese „Great Spas of Europe“, also die „bedeutendsten Kurbäder Europas“, sogar ein eigenes Logo zugelegt.

Anfangs waren es 16 Kandidaten, jetzt sind es noch elf. Vermeintliche Hochkaräter, wie die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden, Bad Homburg und Bad Ischl, fielen zwischenzeitlich aus der Bewerberliste. Auch das älteste Bad in Mähren, das kleine Luhačovice, scheiterte an den Anforderungen. „Es gab stärkere und schwächere Teilnehmer“, so Weidisch, zugleich Kulturreferent in Bad Kissingen. Ausgeschieden seien sie allein „aufgrund von Unesco-Kriterien“.

Die „Great Spas of Europe“, die noch im Rennen sind, zeichnet aus, dass sie „im 18. und 19. Jahrhundert das Modell „Kurstadt“ begründeten und es bis heute herausragend verkörpern“, wie das fränkische Bad Kissingen auf seiner Homepage erläutert. Kaiser und Könige kamen zur Kur, ebenso Intellektuelle, Künstler und wohlhabende Bürger. Sie trafen sich zu Heilung und Entspannung, aber auch zum gesellschaftlichen und politischen Austausch. Als „Ideenbörsen“ leisteten die Städte einen wesentlichen Beitrag dazu, dass sich das Kurwesen in Europa entwickelte, Medizin und Kultur gefördert wurden, die Freizeit- und Tourismusindustrie entstand.

Zudem sind die Bäder durch Architekturstile und Gebäudetypen untereinander vielfältig verbunden. Sie weisen alle bis heute die Merkmale eines „Weltbads“ auf: eine Stadtstruktur mit Kur-, Villen- und Versorgungsvierteln, viele Gärten und Parks, die fließend in die Landschaft übergehen sowie charakteristische Bauwerke, die für Trink- und Badekuren dienen, ebenso für Sport und Unterhaltung, für Kultur und gesellschaftliches Leben. Die Umgebung ist ausgestattet mit Denkmälern und Aussichtstürmen, mit Pavillons und Cafés mit Panorama-Terrassen.

Für ihre Bewerbung haben die Kurstädte so viele Informationen zusammengetragen, dass sie sechs Bände und mehr als 1.400 Seiten füllen. Allerdings müssen sie darin nachweisen, dass und warum sie weltweite Bedeutung besitzen. Denn die Unesco vergibt den Titel nur an Stätten, die einzigartig und unversehrt sind.

Über die Bewerbung wird in zahlreichen Gremien beraten. So gibt es einen General Manager und eine Leitungsgruppe der Oberbürgermeister. Sie legten etwa im Mai 2016 in Prag fest, welche Bäder für die endgültige Bewerbung nominiert werden. Und sie vereinbarten im Juni 2018 in Marienbad, wie die Zusammenarbeit der Städte koordiniert wird, sobald sie in der Unesco-Liste stehen. Projektleiter diskutieren Sachfragen über Ländergrenzen hinweg. Bad Kissingen, Baden bei Wien und Franzensbad haben sich etwa über die Bedeutung von Heilquellen früher und in Zukunft ausgetauscht. Außerdem unterhalten die deutschen Bewerberstädte eine eigene Arbeitsgruppe, lokale Arbeitsgruppen umfassen Behörden und Institutionen.

Auch auf Regierungsebene wird die Unesco-Bewerbung begleitet, etwa durch das Auswärtige Amt und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. „Als Unesco-Welterbestätte würde der Reichtum unserer Kulturschätze und die Vielfalt unserer Traditionen, die uns in Europa verbinden, noch deutlicher werden“, blickte Bernd Sibler, Bayerns Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, bereits voraus.

Der nächste wichtige Termin steht schon fest: Im Sommer besuchen und bewerten Fachleute der Icomos, einer Beratungsorganisation der Unesco, die Bewerberstädte. Ihre Expertise ist für die Entscheidung wesentlich. Einst hieß es, dass bereits 2015 festgelegt wird, ob die Kurorte gemeinsam Weltkulturerbe werden. Nun wird jedoch erst im Sommer 2020 mit einer Entscheidung gerechnet, wenn das Unesco-Welterbekomitee tagt.

Kay Blankenburg (SPD) ist seit 2008 Oberbürgermeister von Bad Kissingen.

Vom Status als Welterbe erhoffen sich die Bewerberstädte wesentliche Vorteile. „Das Projekt ist für unsere Bürger eine wichtige Größe“, urteilte Oberbürgermeister Kay Blankenburg. Seit Jahrhunderten seien Kur, Gesundheit und Kultur der wichtigste Wirtschaftszweig. Bad Kissingen ist der älteste Gradierstandort Europas und das einzige Solebad innerhalb der Bewerbergruppe, seine Wandelhalle die größte Trinkkurhalle der Welt. „Mit dem Welterbe-Prädikat wird es Bad Kissingen sicherlich gelingen, weitere Gäste in unser Staatsbad zu holen, den touristischen Adressatenkreis enorm zu erweitern“, führte das Stadtoberhaupt aus.

Die lange Anlaufzeit zum großen Ziel bereitet seinem Kulturreferenten kein Kopfzerbrechen. Im Gegenteil. „Für dieses komplexe Vorhaben, seinen Umfang und seine Größe liegen wir mit acht Jahren Vorbereitung gut in der Zeit“, erklärt Peter Weidisch. Zwar habe man bisher noch keine Signale von der Unesco erhalten, dass sich all die Mühe und Arbeitszeit lohnt. Aber auch das macht den Kissinger Kulturschaffenden nicht nervös. „Unsere Bewerbung ist auch für die Unesco eine Herausforderung.“ Der erste Check machte allen Mut. „Es gab keine Beanstandungen“, blickt Projektleiter Weidisch mit Zuversicht voraus.

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