Atomkraft willkommen
Anwohner stimmen für Ausbau von Dukovany – wollen aber entschädigt werden
13. 4. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: kw/čtk; Foto: APZ
So richtig unvoreingenommen war René Moravec offenbar nicht. Schon vor dem Referendum in der Gemeinde Slavětice mahnte der Bürgermeister, dass eine negative Antwort auf beide Fragen eine Vertragsverletzung gegenüber dem Energiekonzern ČEZ bedeuten würde. Zudem könnten dem Ort Zuschüsse in Höhe von 2,2 Millionen Kronen jährlich entgehen – umgerechnet 81.000 Euro. Am Sonntag wurden die 194 Bewohner der Gemeinde im Bezirk Třebíč zur Abstimmung über den Ausbau des Atomkraftwerks Dukovany gebeten.
Gefragt wurde erstens, ob die Bewohner dem Bau eines fünften Blocks sowie der Errichtung eines Endlagers für Atommüll bedingungslos zustimmen – und zweitens ob sie mit dem Bau eines neuen Reaktors einverstanden wären, wenn die Regierung die Gemeinde für das erhöhte Gesundheitsrisiko entschädigen würde. Am Referendum beteiligten sich 152 Bürger. Sie sprachen sich mit 89 Stimmen mehrheitlich für den Ausbau aus, wollen aber kein Endlager im Kreis und verlangen finanzielle Kompensationen. „Von einem solchen Ergebnis habe ich heimlich geträumt“, kommentierte Bürgermeister Moravec zufrieden. Für einen bedingungslosen Ausbau und die Errichtung eines Endlagers für atomare Abfälle votierten lediglich elf Bewohner der Gemeinde nahe der österreichischen Grenze.
Im Nachbarland sorgt die tschechische Atompolitik anhaltend für Kritik und Besorgnis. Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) kündigte bereits Ende März an, sich wegen einer jüngst von der tschechischen Atomaufsichtsbehörde abgesegneten Laufzeitverlängerung des dreißig Jahre alten ersten Reaktorblocks von Dukovany an die Europäische Kommission wenden zu wollen. Diese solle die grenzüberschreitenden Umweltbelastungen überprüfen. Der für Energie und Umwelt zuständige Landesrat in Niederösterreich Stephan Pernkopf (ÖVP) sprach von einem „Skandal“ und kritisierte ebenso wie die Nichtregierungsorganisation „Global 2000“ die Sicherheitsvorkehrungen in Dukovany. Die Umweltschützer sehen in der Anlage eines der „problematischsten Kernkraftwerke Europas“. Bundespräsident Heinz Fischer sprach das Thema bei seinem Besuch in Prag an und wünschte sich eine „deutliche Verbesserung des Informationsaustauschs“.
Der Ausbau des Kraftwerks Dukovany ist Teil des nationalen Aktionsplans zur Entwicklung der Kernenergie, den die Regierung im vergangenen Jahr verabschiedet hat. Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) sagte bereits 2014, Tschechien habe nicht die natürlichen Bedingungen, erneuerbare Energien „dramatisch weiterzuentwickeln“. Das Land müsse darauf bestehen, die Atomenergie auszubauen. Im Fall von Dukovany geht es auch um Arbeitsplätze in der Region. Rund 1.100 Menschen sind im Atomkraftwerk beschäftigt. Nach Angaben des regionalen Energieverbands hängen 400 weitere Personen und einige Unternehmen vom Betrieb Dukovanys ab – und das in einer Region mit einer verhälnismäßig hohen Arbeitslosenquote von 8,5 Prozent.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“