Blick in die Presse

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Tschechische Pressekommentare zum Rauchverbot und zur Griechenlandkrise

24. 6. 2015 - Text: Josef FüllenbachTextauswahl und Übersetzung: Josef Füllenbach

Rüpel im Blaumann | Die Wochenzeitschrift „Echo“ macht sich Gedanken über das geplante allgemeine Rauchverbot in Gaststätten: „Es geht offensichtlich um eine Wertentscheidung – sich verhalten ‚nach dem Vorbild der entwickelten Welt‘, kein ‚osteuropäisches Freilichtmuseum der aus der Mode gekommenen Sitten‘ sein. (…) Aber die schlecht verborgene Freude, dass ich jemandem etwas anordnen kann, dass ich die Rüpel im Blaumann, von denen ich sonst nie wagen würde zu verlangen, das Gasthaus zu verlassen, jetzt mit der Kraft des Gesetzes auf die Straße setzen kann – diese Freude ist mir widerlich. Gebildete dünkelhafte Leute erdulden überall, wie die Mehrheit auf ihren Geschmack und ihre Ansichten pfeift – täglich abzulesen an den kommerziellen Fernsehprogrammen, der Kleidung, die die Mehrheit trägt, dem Essen, das sie isst, den Wohnblocks, in die sie zieht, der tschechischen Krone, der sie gegenüber dem Euro den Vorzug gibt. Welche Freude, einigen von dieser Mehrheit zumindest ein wenig das Leben zu versalzen! Und dazu haben wir ja hier den Staat.“

Extrem feindselig | Das Wochenmagazin „Respekt“ beleuchtet das griechische Dilemma: „In den politischen Kreisen Europas steigt die Anzahl derer, die glauben, dass ein Weggang Griechenlands für die Eurozone und die gesamte Union segensreich wäre. Man findet sie in der deutschen Regierung, im Norden und im Osten Europas. Es ist freilich keineswegs sicher, dass sie Recht haben, der Weggang Griechenlands bedeutete bestimmt eine dramatische Erschütterung mit unvorhersehbaren Folgen. Noch immer gilt, dass es gut wäre, wenn Europa sich einem solchen Experiment nicht aussetzen müsste, wenn Griechenland (…) über den Berg wäre und sich die Politiker (…) auf dem außerordentlichen EU-Gipfel auf eine Lösung einigten. Gleichzeitig ist es nicht weniger wichtig zu wissen, was genau gerettet wird. Die Griechen haben eine erpresserische Politik extrem feindseliger, nationalistischer Ausfälle vorgeführt. Ihnen Recht zu geben und eine solche Form des Umgangs abzusegnen, ist ebenso gefährlich und potenziell zerstörerisch wie den Grexit zu riskieren.“

Nichtiges Geplänkel | Die „Lidové noviny“ glossiert die unterschiedlichen Positionen der beiden wichtigsten Figuren der tschechischen Regierung zur Krise der Eurozone: „Finanzminister Andrej Babiš würde Griechenland bankrottgehen lassen und Premier Bohuslav Sobotka würde das Land um jeden Preis retten. Es handelt sich um ein nichtiges Geplänkel – der Standpunkt Tschechiens als Nichtmitglied der Eurozone ist völlig irrelevant (…). Der unwesentliche Meinungsaustausch enthüllte aber zwei wesentliche Punkte: die intellektuellen Grenzen beider Führer und die Grenzen des gemeinsamen Regierens. (…) Im virtuellen Streit um Griechenland äußerte sich bloß der verschärfte Streit beider Seiten um das Geld für 2016. Babišs Ansatz für das Budget ist bestens vereinbar mit den Positionen von ODS und TOP 09 und kaum mit dem Ansatz von ČSSD und KSČM. Diese wahrlich antagonistischen Widersprüche müssen die beiden Koalitionsführer jedoch unter sich ausmachen. Sollten sie mit den nicht enden wollenden Angriffen über die Medien fortfahren, enden sie wie alle Koalitionen vor ihnen. Die Opposition kann sich nichts Besseres wünschen.“