Ein Minister für alle Fälle

Ein Minister für alle Fälle

Opposition kritisiert Martin Stropnický für seinen Nebenjob als TV-Kommissar

9. 4. 2014 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: psp.cz

 

Mord in einem Prager Kaffeehaus. Verteidigungsminister Martin Stropnický inspiziert die Leiche auf der Herrentoilette. „Die Knarre hat er noch gezogen, zum Schuss hat es nicht mehr gereicht.“

Seit Januar sitzt der Schauspieler als Minister für die ANO-Partei in der Regierung. Im TV-Krimi „Kriminálka Anděl“ spielt er Hauptkommissar Tomeček – zuständig für schwarzen Humor. Mordfälle löst er mit analytischem Denken und Psychologie. Aber wenn es sein muss, zückt der Minister auf der Mattscheibe schon mal den Revolver oder zieht dem Verdächtigen beim Verhör die Ohren lang.

Gerade dreht der Privatsender „Nova“ die vierte Staffel mit dem Ermittlungsteam um Stropnický. Dass er auch als Verteidigungsminister weiter auf Verbrecherjagd geht, nutzte jetzt die Opposition zur Attacke. „Je mehr Zeit Stropnický mit den Dreharbeiten verbringt, je weniger Zeit ihm für das Verteidigungsministerium bleibt, desto besser für die tschechische Armee und für die Zuschauer“, schoss sich Ex-Finanzminister Miroslav Kalousek (TOP 09) auf den Minister ein.

Während Politiker aus Koalition und Opposition sich um das Ansehen des Ministeramtes und um den übervollen Terminkalender von Stropnický sorgen, weist der alle Vorwürfe zurück. „Da stecken Investitionen in Millionenhöhe und Dutzende Arbeitsplätze dahinter. Die Verträge wurden Monate vor Amtsantritt unterzeichnet. Ich kann nicht einfach so aussteigen“, sagte Stropnický der „Prager Zeitung“. Auf Ver­brecherjagd gehe er ausschließlich in seiner Freizeit, seinen Pflichten als Minister kämen die Dreharbeiten nicht in die Quere.

Dass Stropnický vieles unter einen Hut zu bringen vermag, beweist sein bisheriger Lebenslauf. In 57 Lebensjahren brachte er es zum Schauspieler, Regisseur, Schriftsteller, Liedermacher, Ex-Intendanten, Ex-Kulturminister, Ex-Botschafter, zweifachen Ex-Mann und vierfachen Vater. TV-Kommissar will er nicht mehr lange bleiben. Mit der Produzentin habe er sich auf ein baldiges Ausscheiden seines Charakters geeinigt.