Zu viel Geld

Zu viel Geld

Tschechien lässt sich EU-Fördergelder in Millionenhöhe entgehen – Krisenpläne sollen das ändern

13. 2. 2014 - Text: Corinna AntonText: čtk/ca); Foto: evropsky-parlament.cz

Das Geld liegt bereit, aber niemand greift zu: Kein anderes Land in der Europäischen Union ließ sich in den vergangenen sieben Jahren so viele finanzielle Mittel entgehen wie Tschechien. Die neue Regierung will das nun mit Krisenplänen ändern. Denn sie befürchtet auch für dieses Jahr eine schlechte Bilanz.

Allein im vergangenen Jahr blieben zehn Milliarden Kronen (etwa 362 Millionen Euro) aus den Europäischen Fonds ungenutzt, die für Projekte und Unternehmen in Tschechien bestimmt waren. „In der ganzen EU beläuft sich diese Zahl auf 16 Milliarden Kronen, also sind wir für den größten Teil dieses Verlustes verantwortlich“, sagte die Ministerin für regionale Entwicklung Věra Jourová (ANO) am Montag nach Regierungsgesprächen.

Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) zufolge droht Tschechien in diesem Jahr erneut ein Verlust von bis zu 24 Milliarden Kronen. „Es geht nicht nur darum, dass wir diese Probleme administrativ lösen, sondern es geht um den gegenwärtigen und künftigen Wohlstand des Landes“, erklärte Sobotka und wies darauf hin, dass Tschechien sich Chancen entgehen lasse, mit europäischen Fördermitteln wirtschaftliches Wachstum sowie Beschäftigung zu schaffen und zu fördern. Die neue Regierung hat deswegen die einzelnen Ministerien beauftragt, Krisenpläne für die Ausschöpfung der Europäischen Fonds zu erarbeiten. Diese will Jourová am 28. Februar als Gesamtpaket der Regierung zur Genehmigung vorlegen. Danach soll monatlich überprüft werden, wie sich die Pläne umsetzen lassen. Außerdem will Jourová noch in dieser Woche nach Brüssel fliegen, um mit dem EU-Kommissar für regionale Entwicklung Johannes Hahn zu verhandeln. Dabei soll es auch um konkrete Maßnahmen gehen, die das Abgreifen der Fördergelder beschleunigen.

Die größten Probleme bei der Abschöpfung der Mittel gibt es Jourová zufolge im Bereich Umwelt, wo von bis zu 13 Milliarden Kronen nicht genutzter Gelder die Rede ist, sowie beim Programm „Forschung und Entwicklung für Innovationen“, das beim Ministerium für Schulwesen, Jugend und  Sport angesiedelt ist. Als eine Ursache dafür, dass die Gelder nicht abgeschöpft werden, nannte die Ministerin eine schlechte Finanzplanung: „Es schien immer viel Zeit zu sein, aber tatsächlich war es nicht so. Man müsste die Mittel schneller nutzen“, sagte Jourová. Außerdem sei das Kontrollsystem mangelhaft gewesen, so die Ministerin. Sie wies auch auf einen Bericht der Europäischen Kommission hin, demzufolge Korruption hauptsächlich auf regionaler und lokaler Ebene feststellbar ist – dort, wo die meisten EU-Projekte realisiert werden.

Experten wundert es nicht, dass die EU-Mittel in Tschechien nicht abgeschöpft werden. „Das ist eine Folge der übertriebenen Bürokratie der tschechischen Prüfer“, sagte Lucie Žilková, Anwältin bei der Gesellschaft Otidea, die sich mit öffentlichen Aufgaben beschäftigt. Prüfungen würden oft nicht fachmännisch durchgeführt. Das führe zu zeitlichen Verzögerungen. „Die Prüfer konzentrieren sich oft auch nur auf formale Fehler.“

Für Tschechien standen von 2007 bis 2013 insgesamt 800 Milliarden Kronen (etwa 2,9 Milliarden Euro) aus EU-Fonds zur Verfügung. Bis Anfang Januar dieses Jahres erhielten Zuschussempfänger hierzulande davon 514,9 Milliarden Kronen, das entspricht knapp 64 Prozent der Gesamtsumme. Das tschechische Finanzministerium hat aber bisher erst 85,5 Milliarden Kronen – knapp 48 Prozent der Gesamtsumme – von der EU-Kommission zurückgefordert.