Zu viel deutscher Strom

Zu viel deutscher Strom

Netzbetreiber ČEPS meldet Transit-Rekord und warnt vor den Folgen

10. 2. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: APZ

So viel Strom wie noch nie ist im vergangenen Jahr durch Tschechien geflossen. Wie der staatliche Netzbetreiber ČEPS in der vergangenen Woche mitteilte, nahm der Stromtransit im Vergleich zu 2014 um etwa 40 Prozent zu. Der Überschuss an Elektrizität, der vor allem aus Deutschland kommt, macht Tschechien seit längerem zu schaffen. Laut ČEPS-Sprecherin Barbora Peterová musste das Unternehmen allein im vergangenen Jahr mehr als 90 Millionen Kronen (gut drei Millionen Euro) investieren, um die Strommengen aus dem Ausland besser zu kontrollieren.

Zu ungeplanten Überschüssen komme es vor allem, wenn die großen Windkraftanlagen in Norddeutschland viel Strom produzieren, der nach Süd- und Osteuropa fließt, sagte der Vorstandsvorsitzende von ČEPS Vladimír Tošovský. Um den Energiefluss von Deutschland nach Tschechien zu regulieren, hat der staatliche Netzbetreiber im Juni vergangenen Jahres begonnen, einen Phasenschiebertransformator zu bauen (die PZ berichtete in Ausgabe 24/2015). Die Anlage in Nordwestböhmen, etwa 20 Kilometer östlich der sächsischen Grenzstadt Oberwiesenthal, kostet mehr als zwei Milliarden Kronen (etwa 74 Millionen Euro) und soll Ende des Jahres fertig sein.

Tschechien fürchtet seit Jahren einen Blackout, weil zu viel Strom aus Deutschland durch die heimischen Netze fließt. Dass der Transit weiter steige, wirke sich negativ auf die Betriebssicherheit hierzulande aus, heißt es nun bei ČEPS zu den aktuellen Zahlen. Außerdem führe das zu höheren Verlusten im tschechischen Netz. Diese beliefen sich im vergangenen Jahr auf etwa eine Terawattstunde. Im Vergleich zu 2014 stiegen sie etwa um ein Fünftel.

Während der Netzbetreiber den Blackout fürchtet, diskutieren die Abgeordneten derzeit darüber, wie die Strompreise für Verbraucher künftig festgelegt werden sollen. Im Gespräch ist eine Änderung des Betrags, den die Energieregulierungsbehörde (ERÚ) jährlich festlegt. Ein neues System soll die Verbraucher motivieren, Strom zu sparen, indem sie Leitungsschutzschalter mit geringer Kapazität verwenden. Kritiker fürchten, dass darunter Besitzer von Wochenendhäusern leiden könnten. Sie haben oft noch ältere Leistungsschutzschalter, die zu einem höheren Strom­verbrauch führen. Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) forderte in der vergangenen Woche das Wirtschaftsministerium auf, die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der neuen Tarife zu analysieren.