Zu klein für Detox

Zu klein für Detox

Greenpeace will dem Modelabel Blažek zu einer Entgiftungskur verhelfen. Aber die Firma will nicht

30. 1. 2013 - Text: Nancy WaldmannText: Nancy Waldmann; Foto: Greenpeace

 

Eine Herrenboutique am Wenzelsplatz: Weiße Fassade, schwarzes Logo, schwarze Schaufensterpuppen. „Blažek“ ist eine Edelmarke für die gehobene Mittelklasse. Lederjacken für 15.000 Kronen (600 Euro), ein Anorak für 7.000 Kronen (280 Euro).

Dass rund die Hälfte der Kleidungsstücke von Blažek Umweltgifte enthält, ahnt der Kunde natürlich nicht. Allenfalls der typisch strenge Geruch von neuer Kleidung im Laden könnte einem eine Ahnung geben, aber den kennt man auch aus vielen anderen Modegeschäften und hält in deshalb für normal.

Nonylphenolethoxylate (NPE) fand die Umweltorganisation Greenpeace in den Textilien des tschechischen Modeunternehmens. Das sind hormonell wirksame Substanzen, die für den Verbraucher zwar nicht unmittelbar gesundheitsgefährdend sind, die bei der Herstellung der Kleidung jedoch den Wasserkreislauf vergiften und schon in niedriger Konzentration Lebewesen schädigen. Über das Wasser gelangen sie auch in den menschlichen Organismus.

Transparente Prinzipien
Seit 2011 deckte Greenpeace durch eine Reihe von Studien auf, wie die Textilindustrie weltweit Trinkwasser verschmutzt. NPE wurde in zwei Dritteln der getesteten Produkte aus Geschäften in 18 Ländern gefunden. Der größte Teil dieser Kleidung wird in Billiglohnländern wie China hergestellt. Dort verschmutzen sie die Flüsse. Greenpeace versucht mit der Kampagne „Detox“ (Entgiftung), Modelabels zu transparenten Prinzipien und zu giftfreier Herstellung zu verpflichten – mit Erfolg: 14 Firmen haben sich inzwischen zu den Detox-Prinzipien bekannt und sich verpflichtet, unter der Kontrolle von Greenpeace-Experten ihre Zuliefererkette bis 2020 giftfrei zu machen. Darunter befinden sich weltweite Branchengrößen wie Zara, Mango, Levi’s und Benetton.

Global gesehen ist Blažek nur ein kleiner Fisch in der Textilbranche. In Tschechien ist es der prominente Testfall. „Uns ist an einem konstruktiven Dialog gelegen“, sagte Jan Freidinger, der die Detox-Kampagne in Tschechien koordiniert, gegenüber der „Prager Zeitung“. Eineinhalb Jahre habe man vergeblich versucht, Blažek ohne öffentlichen Druck zu umweltfreundlichem Handeln zu bringen, so Freidinger.

Bereits im Juni 2011 kontaktierte Greenpeace Blažek per E-Mail, nachdem eine erste Greenpeace-Studie bewies, dass Blažek Geschäftsbeziehungen zu einer Textilfabrik unterhielt, die giftige Chemikalien in Flüsse leitete. Erst über ein Jahr später reagierte Blažek – mit einer Absage. Man hätte bereits verschiedene umweltfreundliche Maßnahmen ergriffen, sei aber „zu klein“, um sich Detox anzuschließen. Blažek hat 25 Verkaufsfilialen in Tschechien und acht in der Slowakei. Greenpeace insistierte, aber für Blažek war das Thema erledigt.

Umweltstrategie ist Greenwashing
Als Greenpeace eine weitere Studie veröffentlichte, in der auch Blažeks Textilien am Pranger standen, forderte die Firma Laborprotokolle an, während sich internationale Modelabels unter Aufsicht von Greenpeace bereits Detox angeschlossen hatten. Greenpeace startete erste Protestaktionen in Geschäften und auf der Facebook-Seite des Unternehmens. Dann endlich wurde Blažek aktiv. Das Unternehmen veröffentlichte eine neue Umweltstrategie auf der eigenen Website. „Das war komplettes Greenwashing“, sagt Jan Freidinger von Greenpeace. „Die Strategie enthielt keines der Detox-Prinzipien: null Abwässer, vorbeugende Prinzipien und das Recht auf Information.“ Greenpeace bot den Dialog mit Experten an. Gleichzeitig übte man mit einer Protestkundgebung in Blažeks Flaggschiff-Laden am Prager Wenzelsplatz Druck aus. Inzwischen hat Blažek seinen Umweltstrategie-Text um die drei Detox-Prinzipien erweitert, verweigert aber die Kommunikation mit Greenpeace.

So ist bislang unklar, inwieweit Blažek die Prinzipien umsetzt. „Wir haben nochmal die Vorteile der Detox-Verpflichtung klar gemacht. Wir streben nach wie vor einen Dialog auf Expertenebene mit Blažek an“, sagte Freidinger. In der vergangenen Woche hatte Greenpeace einen Brief an den Eigentümer persönlich geschickt – mit dem Angebot, professionelle Hilfe bei der Entgiftung zu leisten. Bisher war man nur mit den Marketingmanagern in Kontakt.

Blažek äußerte sich zum Stand der Umsetzung seiner Umweltstrategie gegenüber der „Prager Zeitung“ nicht. Auf seiner Website weist das Unternehmen unter „Häufig gestellte Fragen“ auf die Zertifizierung seiner Textilien mit dem weit verbreiteten „Öko-Tex 100“ hin. Das Siegel garantiert nur, das Textilerzeugnisse frei von schädlichen Stoffen sind, über die Bedingungen des Herstellungsprozesses sagt es jedoch nichts aus.