Wo ist Rilke?

Wo ist Rilke?

Klaus Modick stellt seinen Roman „Konzert ohne Dichter“ in Prag vor. Jetzt erscheint er auf Tschechisch

4. 5. 2016 - Text: Helge HommersText: Helge Hommers; Foto: APZ

Als Rainer Maria Rilke im Dezember 1898 zum ersten Mal die Künstlerkolonie im niedersächsischen Worpswede besucht, ist der 23-jährige Dichter noch weitgehend unbekannt. Trotzdem nimmt ihn die „Barkenhoff-Familie“ auf, der auch der berühmte Maler Heinrich Vogeler angehört. Rilke freundet sich mit ihm an. Das Leben in der Künstlerkolonie gefällt dem Lyriker so gut, dass er seinen Bewohnern und deren Alltag später eine Monografie widmen wird. Zudem lernt er auf Vogelers Anwesen die Bildhauerin Clara Westhoff kennen und lieben. Die beiden heiraten und fehlen bei kaum einem der sonntäglichen Künstlertreffen. Auf Vogelers Gemälde „Sommerabend“ (auch bekannt als „Das Konzert“) sind nahezu alle Mitglieder der „Barkenhoff-Familie“ zu sehen – nur einer wird vermisst: Es ist Rilke, dessen Stammplatz im Bild demonstrativ leer bleibt.

Wie das Gemälde entstanden ist und weshalb Rilke darauf fehlt, erzählt der Schriftsteller Klaus Modick in seinem neuen Buch „Konzert ohne Dichter“. Dem promovierten Literaturwissenschaftler gelang der Durchbruch vor mehr als 30 Jahren mit dem Roman „Ins Blaue“, der später auch verfilmt wurde. Einen großen Erfolg feierte Modick 2011 mit „Sunset“ über die Freundschaft zwischen Bertolt Brecht und Lion Feuchtwanger. Für diesen Roman wurde Modick unter anderem für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Mit „Konzert ohne Dichter“ nähert sich der in Oldenburg geborene Modick wieder seiner Heimat an. Den Fokus legt Modick auf die komplizierte Freundschaft der beiden Künstler, die große Zuneigung füreinander empfanden, sich dann aber fremd wurden.

Als der Roman im Fühjahr 2015 in Deutschland erschien, überschlug sich das Feuilleton mit Lobeshymnen auf Modicks „kluges“, „einfühlsames“ und „unangestrengtes“ Künstlerporträt. Es wurde als das „Meisterstück“ des 55-Jährigen gehandelt und landete in den Bestsellerlisten.

Ab sofort ist der Roman auch in tschechischer Übersetzung erhältlich. Der Brünner Host-Verlag widmet sich seit etwa zehn Jahren verstärkt dem deutschen Buchmarkt. Den Schwerpunkt bilden Gesellschaftsromane und Kriminalgeschichten. Dem Goethe-Institut zufolge hat der Verlag Bücher von knapp 20 zeitgenössischen Autoren aus dem deutschsprachigen Raum übersetzt. Für Modick ist  „Koncert bez básníka“ die erste Veröffentlichung in tschechischer Sprache.

Koncert bez básníka. Aus dem Deutschen von  Tomáš Dimter. Host, Brünn 2016, 239 Seiten, 237 CZK, ISBN 978-80-7491-553-6

Konzert ohne Dichter. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015, 240 Seiten, 17,99 Euro, ISBN 978-3-462-04741-7

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