Von Kanonieren und Kängurus

Von Kanonieren und Kängurus

Seit vergangenem Wochenende wird in der Gambrinus-Liga wieder um Meisterschaftspunkte gekämpft

25. 7. 2013 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: Viktoria Pilsen

David Lafata schickt sich diese Saison an, zum vierten Mal in Folge Torschützenkönig der tschechischen Elite-Liga zu werden. Damit würde er einen Rekord aufstellen. Der legendäre Horst Siegl schaffte es zwischen 1997 und 1999 ebenfalls, das Kunststück drei Mal hintereinander zu vollbringen. Der Auftakt in die am vorigen Wochenende begonnene Meisterschaft verlief für den 32-jährigen Lafata vielversprechend. Beim 4:1-Auswärtserfolg von Sparta Prag in Jihlava steuerte der Kanonier die ersten beiden Treffer bei.

Nach Ansicht vieler Experten hängt für den Rekordmeister aus der Hauptstadt etwas zu viel vom 26-fachen Nationalspieler ab. Lafata wechselte erst vergangenen Winter von Jablonec zu den Spartanern und übernahm mit Beginn der neuen Spielzeit das Kapitänsamt von Vorgänger und Publikumsliebling Marek Matějovský. „Lafata bestätigt seinen Ruf als Torjäger, das hilft dem ganzen Team sehr viel“, bemerkte Sparta-Trainer Vítězslav Lavička lakonisch. Will man den Titel nach drei zweiten Plätzen nacheinander endlich wieder auf den Prager Letná-Hügel holen, würde es dem Team des Liga-Krösus gut anstehen, die jungen und europaweit umworbenen Nachwuchskräfte Václav Kadlec und Ladislav Krejčí zu halten. Im „Wind-Schatten“ von Routinier Lafata könnten sie ohne großen Druck zu Top-Spielern reifen. Anderenfalls dürfte es schwer werden, die gesetzten Ziele zu erreichen. Auf europäischer Ebene missglückte der Auftakt. Dort möchte man in die Gruppenphase der Europa League. Mit einem 2:2 zu Hause in der zweiten Qualifikationsrunde gegen den schwedischen Vertreter BK Häcken hat man vergangenen Donnerstag jedenfalls nicht geglänzt. In dem Sieg gegen Jihlava sah Lavička zumindest eine gute Reaktion und „einen wichtigen Schub“ für kommende Aufgaben.

Geheimtipp Mladá Boleslav

Die nationale Konkurrenz scheint in der Saison 2013/14 zumindest auf dem Papier größer geworden zu sein. Nicht nur mehr der amtierende Meister FK Viktoria Pilsen dürfte um den Titel spielen, auch andere Klubs wie der FK Mladá Boleslav, Slovan Liberec oder Baumit Jablonec haben gute Chancen.

Vor allem auf Mladá Boleslav darf man gespannt sein. Der Achte der Vorsaison weiß Ex-Bundesliga-Profi David Jarolím in seinen Reihen, konnte weitere Leistungsträger halten und gewann Jiří Štajner hinzu. Letzterer ist zwar schon stolze 37 Jahre alt und somit neben Pilsens Pavel Horváth so etwas wie der Liga-Opa. Doch mit seiner Klasse kann die Hannover-96-Legende auch im hohen Fußballer-Alter noch Spiele entscheiden. Warum dies die Verantwortlichen seines bisherigen Arbeitgebers Slovan Liberec nicht so sahen und ihm nicht früh genug eine Vertragsverlängerung anboten, bleibt deren Geheimnis. Will der Meister aus dem Jahre 2012 wieder an der Liga-Spitze mitmischen, wird etwas mehr nötig sein, als mit Vladislav Kalitvincev ein noch ungeschliffenes Sturmjuwel aus der Nachwuchsakademie von Dynamo Kiew als Ersatz zu verpflichten.

Jablonec wiederum zeichnet sich durch personelle Stabilität aus und verfügt mit dem Bauunternehmen sowie Namensgeber Baumit über einen zuverlässigen Geldgeber. Erste Früchte der Arbeit von Coach Roman Skuhravý erntete man mit dem kürzlich gegen Pilsen gewonnenen Superpokal (3:2).

Mladá Boleslav und Jablonec starteten jedoch entgegen der Vorschusslorbeeren eher verhalten in die neue Saison. Beide kamen zu Hause gegen die vermeintlich schwächeren Gegner aus Brünn und Příbram nur zu einem Unentschieden. Liberec gelang wiederum ein 2:1-Auswärtserfolg gegen stark einzustufende Olomoucer.

Spannend wird diese Saison auch die Frage sein, wie sich die personelle Situation bei Meister Viktoria Pilsen entwickelt. Zur Zeit stehen bei den Westböhmen immer noch die Nationalspieler František Rajtoral, Vladimír Darida und David Limberský unter Vertrag. Seit langem wird darüber spekuliert, wann diese Spieler den Verein in Richtung einer größeren Liga verlassen werden. Sollte man die Qualifikation für die Champions League verpassen, könnte das schneller gehen als gedacht. Spätestens im Winter dürften aber definitiv einige Transfers anstehen. Solche Hochkaräter zu ersetzen, wird nicht einfach sein, auch nicht für Trainerass Pavel Vrba.

Einstweilen zeigte man am ersten Spieltag Bohemians 1905 aus Prag, wie hoch der Rhythmus in der höchsten Liga des Landes ist: Man fertigte den chancenlosen Aufsteiger mit 5:0 ab. Die „Kängurus“ aus dem Stadtteil Vršovice werden es wie der andere Neuling, der 1. SC Znojmo FK, schwer haben, die Klasse zu halten. Ein weiterer Abstieg wäre für die Bohemians, der FC St. Pauli Tschechiens, bereits der dritte in sieben Jahren – auch das rekordverdächtig. Für die Grün-Weißen bleibt zu hoffen, dass wenigstens David Lafata nicht ausgerechnet gegen sie munter an seiner vierten Torjägerkrone bastelt.