„Verträge mit ausländischen Heimen sehen wir kritisch“

„Verträge mit ausländischen Heimen sehen wir kritisch“

Michael Richter vom Paritätischen Wohlfahrtsverband zweifelt an der Altenpflege im Ausland

6. 8. 2014 - Text: Steffen Neumann, n-ost

Pflege in Deutschland ist teuer und es fehlt an Personal. Deshalb denken immer mehr Menschen über eine Pflege im Nachbarland Tschechien nach. Michael Richter, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Sachsen, hält das für legitim, warnt aber vor unterschiedlichen Qualitätsstandards.

Für wen ist es interessant, pflegebedürftige Angehörige in Tschechien unterzubringen?

Michael Richter: Hier spielt mit Sicherheit die Kostenfrage eine entscheidende Rolle. Daher werden sich wohl Personen dafür interessieren, die sich Pflege in Deutschland nicht leisten können oder wollen. Allerdings gelten in Deutschland – anders als in Tschechien – hohe Qualitätsstandards, die eine fachgerechte Versorgung sicherstellen. Dessen sollte man sich bewusst sein. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Pflege in Tschechien pauschal schlechter ist.

Worauf sollten Pflegebedürftige und Angehörige achten?

Richter: Unabhängig von der Pflege in Deutschland oder Tschechien sollte man für die Auswahl die Einrichtung mehrfach und zu verschiedenen Tageszeiten besuchen und sowohl mit dem Personal als auch mit Bewohnern und deren Angehörigen sprechen, auf die Personalausstattung achten. Weitere wichtige Fragen sind, wie die medizinische und ärztliche Versorgung gewährleistet ist und welche Freizeit- und Sozial­angebote es gibt. Bei der Entscheidung für ein ausländisches Pflegeheim sollte auch bedacht werden, dass das dortige Rechtssystem im Fall von Streitigkeiten und einer notwendigen juristischen Klärung zuständig ist.

Wie wichtig sind gute Deutschkenntnisse des Personals für eine Pflege im Ausland? Ist das bei Demenzkranken weniger wichtig?

Richter: Ein Pflegeheim ist das Zuhause der Bewohner. Um sich dort wohlfühlen zu können, sollte die Kommunikation sowohl mit dem Pflegepersonal als auch den Mitbewohnern problemlos möglich sein. Sprache ist dafür eine entscheidende Grundlage. Zudem muss das Personal auf die geäußerten Bedürfnisse der Bewohner eingehen können, diese also gut verstehen. Das gilt selbstverständlich auch für Menschen mit Demenz, denn gerade hier ist ein besonderes Einfühlungsvermögen nötig.

Welchen Anspruch haben Versicherte? Sollten deutsche Pflegekassen in Zukunft Verträge auch mit Heimen im Ausland abschließen können, was bisher noch nicht der Fall ist?

Richter: Die deutsche Pflegeversicherung zahlt im Ausland nur das in Deutschland übliche Pflegegeld für häusliche Pflege durch Angehörige, selbst wenn ein ausländisches Pflegeheim genutzt wird. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Qualitätsstandards sehen wir Vertragsschlüsse zwischen Pflegekassen und ausländischen Heimen kritisch.

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