Verkaufte Seele

Verkaufte Seele

Eine Ausstellung im DOX nähert sich dem Thema Geld engagiert und beeindruckend – bleibt aber eindimensional

3. 3. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: Katharina Wiegmann; Fotos: DOX

Das Fazit vorweg: Es lohnt sich, die Ausstellung „Duše peněz“ („Seele des Geldes“) im Kunstzentrum DOX anzuschauen. Die Kuratoren Leoš Válka und Michaela Šilpochová haben Fotos, Installationen, Skulpturen, Gemälde und Texte ausgewählt, die den Besucher ansprechen und zum Nachdenken anregen. Allerdings schlagen die meisten in die gleiche Kerbe. Und das Thema ist in diesem Fall nicht Geld, sondern vielmehr ökonomische Ungleichheit und die daraus folgenden Macht­verhältnisse.

Das DOX ist bekannt für seinen politisch engagierten Ansatz. Bei der aktuellen Schau haben sich die Kuratoren möglicherweise zu sehr von ihrer aktivistischen Haltung leiten lassen. Die Fotoserie des Spaniers Fernando Moleres über Kinder­arbeit auf der ganzen Welt ist interessant und schockierend, ebenso die Dokumentation zeitgenössischer Sklaverei von Lisa Kristine. Illegale Gold­minen in Ghana und Steinbrüche in Nepal, Kinder, die im Himalaya Felsbrocken schleppen, um ihren Eltern dabei zu helfen, Schulden abzubezahlen – die Fotografien zeigen auf bewegende Weise, wie eine Welt aussieht, in der die einen viel und die anderen wenig Geld haben. Und in der Letztere alles dafür tun würden, um in die andere Gruppe aufzusteigen.

Moderne Sklaverei: Lisa Kristine fotografierte Kinder im Himalaya.

Man könnte sich dem Thema Geld aber auch anders nähern – philosophisch mit Georg Simmel zum Beispiel, der in der Ausstellung ein bisschen zusammenhangslos zitiert wird. Wie hat Geld dazu beigetragen, den Feudalismus zu überwinden und eine arbeitsteilige Gesellschaft zu begründen? Ein anderer Zugang wäre über die Form und das Design von Scheinen und Münzen möglich. Und es fehlen auch Menschen, die Luxus genießen, Geld zum Fetisch machen, sich daran berauschen.

Mit Geld lässt sich viel machen, auch im Rahmen einer Ausstellung. Das DOX zeigt Missstände, auf die nicht oft genug hingewiesen werden kann. Aber es bleibt ein wenig eindimensional. Erst gegen Ende des Rundgangs im Erdgeschoss gibt es einen Perspektivwechsel. An einem Computer können Besucher Bitcoins erstehen, eine der jüngsten Alternativen zu Geld. Und an der Wand daneben hängen Beschreibungen von Projekten, die sich der Kommerzialisierung verweigern – ein konstruktiver Hoffnungsschimmer in einer Welt, in der sonst alles käuflich ist, selbst der menschliche Körper oder ein bloßes Lächeln, wie eine eindrucksvolle Performance von Denis Beaubois zeigt.

Fotograf Fernando Moleres dokumentiert Kinderarbeit weltweit.

Dass die Beziehung des Menschen zu Geld nicht mal mit dem Tod endet, wird im „Supermarket of the Death“ („Supermarkt der Toten“) deutlich, einer Ausstellung in der Ausstellung, die der deutsche Philosoph Wolfgang Scheppe kuratiert hat. In ihr bewegt sich der Besucher durch Reihen bestückt mit Geldbündeln, Luxus-Handtaschen und Schuhen, Computern, Zigaretten und Schnapsflaschen. Alles ist aus Papier. In chinesischen Familien ist es Brauch, diese Attrapen von Wertgegenständen anlässlich einer Beerdigung zu verbrennen, um sie den Verstorbenen mit auf die Reise zu geben. Sie glauben daran, dass die Welt im Jenseits das Diesseits reflektiert – und dort wollen sie ihren Toten einen Platz auf der Sonnenseite sichern. Dafür braucht es, so glauben die Chinesen zumindest, vor allem ausreichend finanzielle Mittel.

Duše peněz. DOX (Poupětova 1, Prag 7), geöffnet: Sa.–Mo. 10 bis 18 Uhr, Mi. & Fr. 11 bis 19 Uhr, Do. 11 bis 21 Uhr, dienstags geschlossen, Eintritt: 180 CZK (ermäßigt 90 CZK), bis 6. Juni, www.dox.cz