Trotzige Spartaner

Trotzige Spartaner

Sparta Prag spielt gegen den FC Thun um den Aufstieg in die Gruppenphase der Europa League. Der Rekordmeister gilt als Favorit – kämpft aber seit mehr als einem Jahrzehnt um den Anschluss an die erweiterte europäische Spitze

20. 8. 2015 - Text: Stefan Welzel

Sparta steht nach vier Spieltagen wieder dort, wo es gemäß seinem Selbstverständnis auch hingehört: auf Tabellenplatz eins der Synot Liga. Die höchste tschechische Spielklasse zählt zwar 16 Mannschaften, zuletzt machten aber immer die gleichen zwei Top-Teams den Meister unter sich aus: Sparta Prag und Viktoria Pilsen. Es sind auch diejenigen Klubs, die ihr Land in den vergangenen Jahren regelmäßig international vertreten haben. Pilsen schaffte es 2011 und 2013 zweimal in die Champions League, während Sparta seit zehn Jahren vergeblich nach den Meisterliga-Sternen greift und sich mit der Europa League begnügen musste.

Begeisternder Fußball
Auch diesen Sommer startete das Team als Vizemeister und mit viel Hoffnung in die Qualifikation zur Champions League, stolperte aber in der dritten Runde über den russischen Vertreter ZSKA Moskau. Das knappe Scheitern mit einem 2:2 auswärts und einer unglücklichen 2:3-Heimniederlage war symptomatisch für das Sparta der jüngsten Vergangenheit: Man spielt phasenweise begeisternden Fußball, bringt sich aber oft selbst wieder um die Früchte des Erarbeiteten. „Die Enttäuschung ist riesig. Mit dieser fantastischen Leistung müssen wir einfach in die nächste Runde kommen“, erklärte Trainer Zdeněk Ščasný kurz nach dem Ausscheiden gegen Moskau. Der 58-Jährige aus Brünn betreut Sparta seit einem halben Jahr und nach der Meistersaison 1998/99 bereits zum zweiten Mal als Chefcoach. „Nun müssen wir schauen, dass wir es wenigstens in die Europa League schaffen.“ Mit dem FC Thun wartet dort ein schlagbarer Gegner. So zumindest lautet der Tenor in den tschechischen Medien. Aber auch die Klubvertreter haben ein Weiterkommen fest einkalkuliert.

„Keine einfachen Spiele“
„Wir wollen europäisch spielen. Alles andere als der Aufstieg in die Gruppenphase ist nicht akzeptabel“, fordert der achtfache Nationalspieler Lukáš Vácha im Interview mit der größten Fachzeitschrift „Sport“ ultimativ ein. Das heißt aber nicht, dass man den Kontrahenten auf die leichte Schulter nehme. „Das werden mit Sicherheit keine einfachen Spiele“, fügte Vácha an. Dass die Granatroten gut daran tun, des Widersachers Stärken und Schwächen genau zu studieren, beweist eine Peinlichkeit, die sich vor zwei Jahren zutrug. Sparta schied in der 2. Qualifikationsrunde zur Europa League gegen den schwedischen Kleinklub BK Häcken aus. Wenn Tschechiens Sport-Redakteure in ihrer Vorschau auf die Spiele gegen Thun Spartas Europapokal-Resultate der letzten Jahre in Erinnerung holen, zitieren sie oft erfolgreiche Stationen wie die Siege gegen den holländischen Klub Zwolle oder die knappe aber achtbare Niederlage gegen Panathinaikos Athen. Den Ausrutscher Häcken kehren sie unter den Tisch, so als ob man keine bösen Geister beschwören wolle.

Erfolge gegen Spitzenklubs
Dass Sparta überhaupt gegen einen Kontrahenten wie Thun antreten muss, nagt insgeheim am Selbstverständnis des Vereins. Zu Beginn des Jahrtausends war man noch gross im Champions-League-Geschäft. 2002 und 2004 überstand man die Gruppenphase, besiegte Teams wie Lazio Rom oder Spartak Moskau, spielte Unentschieden gegen den FC Chelsea oder die AC Mailand. Man gehörte zur erweiterten Spitze des Kontinents. Diese Tage sind schon lange vorbei. In der Saison 2005/06 hörte man letztmals die Champions-League-Hymne.

Knipser alter Schule
Für den tschechischen Klubfußball verliefen die letzten Wochen enttäuschend. In der UEFA-5-Jahreswertung droht man, wie schon letztes Jahr, eine schwache Saison einzufahren. Da würde ein überzeugendes Weiterkommen des Vizemeisters gegen Thun helfen. Nicht nur Sparta, sondern dem ganzen Fußball-Land. „Ein Sieg am Donnerstag zuhause wäre ziemlich wichtig,“ gab Spartas Kapitän David Lafata Anfang der Woche lapidar zu Protokoll. Ihn suchen seine Mitspieler immer dann, wenn es mal nicht gut läuft. Wie zuletzt im Meisterschaftsspiel gegen Mladá Boleslav, als Lafata beim hart erkämpften 4:2-Sieg zwei Treffer erzielte und auch an der Entstehung der anderen zwei Tore beteiligt war.

Der 33-Jährige ist Spartas Lebensversicherung und Garant dafür, dass man auch diese Saison wieder um den Meistertitel spielen wird, welcher jedes Jahr von Neuem als Ziel ausgegeben wird. Erreicht man dieses, werden trotzige Spartaner auch nächsten Sommer wieder versuchen, die Champions-League-Höhen zu erklimmen und ihrem Klub glorreichere Tage zu bescheren. Denn bei allem Respekt vor dem FC Thun und der Tatsache, dass man sich noch gut an die gemeinsame Champions-League-Kampagne im Jahr 2005 erinnert – in der Generali-Arena will man endlich wieder Gegner aus Mailand oder London empfangen.