Taxi auf Knopfdruck
Die Handy-App „taxi.eu“ funktioniert nun auch in Prag. Der Betreiber des Software-Programms will damit ein altbekanntes Problem lösen
8. 5. 2013 - Text: Klaus HanischText: Klaus Hanisch; Foto: Martin Gapa/pixelio.de
Legt eine neue Handy-App betrügerischen Taxifahrern in Prag endlich das Handwerk? Ihr Betreiber ist überzeugt davon. „Kunden haben damit ein transparentes Kontrollsystem, um Betrug wirksam zu begegnen“, sagt Hermann Waldner, ein Unternehmer aus Berlin. Er bietet die App „taxi.eu“ an, mit der Fahrgäste ein Taxi auf Knopfdruck bestellen können. Diese App ist nach Unternehmensangaben in Europa führend. Seit kurzem kann sie nun auch in Prag genutzt werden.
In der tschechischen Hauptstadt arbeitet taxi.eu mit drei Funkzentralen flächendeckend zusammen. „Somit gewährleisten wir einen schnellen und sehr sicheren Taxi-Service“, behauptet Waldner. Schnell und sicher? Vor kaum mehr als einem Jahr erteilte der ADAC in einem europaweiten Test den Prager Taxifahrern die Note „mangelhaft“. Sie reihten sich nahtlos unter die schlechtesten Chauffeure auf dem Kontinent ein. Unvergessen sind auch die Versuche des ehemaligen Oberbürgermeisters Pavel Bém, den Betrügereien Einhalt zu gebieten, indem er verkleidet Prager Taxis nutzte – und dabei Jahr für Jahr übers Ohr gehauen wurde.
Trotzdem ist Waldner vom Erfolg seiner App in Prag überzeugt. „Betrug ist vor allem dann möglich, wenn ein Taxi ohne Bestellung einfach angehalten wird und die Fahrt gleichsam anonym erfolgt“, so der Berliner. Davon betroffen seien oft Ausländer an Flughäfen oder Hauptbahnhöfen. Dies schließe sein Netzwerk jedoch aus. Ihm sind derzeit 125.000 Taxifahrer in über 60 Städten Europas angeschlossen, darunter in vielen Hauptstädten wie Berlin, Wien oder Kopenhagen.
Revolutionär oder naiv?
An allen Standorten funktioniert die App auf die gleiche Weise. Auf Knopfdruck löst sie einen vollautomatischen Auftrag aus. Das Programm ermittelt den Standort des Kunden, der seine Adresse bei Bedarf auch anpassen oder korrigieren kann. Gleichzeitig erkennt der Fahrgast alle freien Taxis in seiner Nähe und sieht, wann das nächste Taxi bei ihm sein kann. Sobald er den Bestell-Button auf dem Smartphone gedrückt hat, geht die Anfrage an den nächsten Taxifahrer. Ortskenntnisse des Bestellers sind dabei nicht nötig, da das Telefon per GPS die Adresse des Wartenden an den Fahrer übermittelt. Dann wird auf einer Karte in Echtzeit angezeigt, wie sich das Taxi dem Standort nähert.
„Jeder Gast weiß somit, welches Taxi er nutzt, wo es genommen wurde und wohin es gefahren ist“, unterstreicht Waldner. Und: Wie viel die Fahrt gekostet hat. Denn die App kalkuliert auch den Fahrtpreis bei der Abfahrt. Mehr noch: „Wer sich schon vor einer Reise über Taxipreise am Zielort informieren will, kann das mit unserer App problemlos machen“, verspricht der Berliner. Dies setzt freilich voraus, dass heimische Taxifahrer diese Abmachung nicht einfach ignorieren, keine Umwege fahren und bereit sind, sich mit Fremden zumindest auf Englisch auszutauschen. Waldners Projekt auf Prag zu übertragen, erscheint daher auf den ersten Blick entweder revolutionär oder naiv.
„Fahrer unterliegen mit der App auch in Prag immer der Kontrolle durch eine Taxi-Zentrale“, hält Waldner dagegen, „denn sie kann jede Fahrt nachvollziehen und somit auch Beschwerden vor Ort unverzüglich nachgehen.“ An der Redlichkeit der Zentralen in Prag hat Waldner keine Zweifel. Dagegen würden „schwarze Schafe“ unter den Taxifahrern solch ein Kontrollsystem meiden.
Hermann Waldner ist Geschäftsführer der Taxi Berlin GmbH, die mit rund 5.000 Taxis eine der größten Zentralen Europas unterhält. Er verweist auf Erfahrungen aus seiner Stadt. „Ohne Kontrolle gab es hier Fahrer ohne Taxischein und Konzession und immer wieder Betrug.“ Doch der habe sich in den letzten Jahren um fast 90 Prozent verringert. Seine App verfügt über 15 verschiedene Optionen und geht auch auf individuelle Kundenwünsche ein. Zum Beispiel auf Kreditkartennutzung, Kindersitze, Großraumtaxis oder englischsprachige Fahrer. In deutschen Städten können auch schon umweltfreundliche Eco-Taxis ohne Mehrpreis angefordert werden.
„Versautes Geschäft“
Taxi.eu arbeitet nach Unternehmensangaben mit etwa 100 vorwiegend genossenschaftlichen Taxizentralen zusammen und ist Marktführer mit über 42.000 Taxis in acht europäischen Ländern. In Deutschland greift er demnach auf mehr als jedes dritte Taxi zurück.
Für Prag ebenfalls nicht unwichtig: Nach der Fahrt kann jeder Gast über die App eine Bewertung abgeben. Sie geht direkt an die Taxi-Zentralen. Ein wenig setzt der Unternehmer auch auf den Neidfaktor unter den Prager Taxifahrern. „Sollte einer ein ‚schwarzes Schaf‘ sein, wird er von Gästen konsequent schlecht bewertet, verdient damit weniger Geld und muss sich umstellen.“ Derzeit erscheint es eher umgekehrt: Weil Kollegen betrügen und damit mehr einnehmen, sehen sich anscheinend auch ehrliche Prager Taxifahrer gefordert, ebenfalls auf die schiefe Bahn zu geraten.
Waldners Taxiportal wird seit Februar 2012 zusammen mit dem Wiener Softwareunternehmen Austrosoft ausgebaut. Die Betreiber gehen von einem weiteren, dynamischen Wachstum aus. Taxi.eu ist als kostenlose App für iPhone und Android sowie als Web-App im Internet erhältlich. Waldner zeigte sich auf Nachfrage der „Prager Zeitung“ nicht informiert über die seit Jahrzehnten andauernde Problematik mit Prager Taxifahrern, war aber auch nicht darüber verwundert. „Die Stadt ist attraktiv und wird daher von vielen Ausländern besucht, da kann ich mir schon vorstellen, dass das Geschäft durch einige versaut wurde“, so der Berliner Geschäftsmann. Er zweifelt trotzdem nicht an seinem Geschäftsmodell auch für Prag, bleibt angesichts der fortdauernden Schwierigkeiten aber realistisch: „Man muss es einfach mal probieren.“
Schaut man auf die Erfahrungsberichte bisheriger Nutzer, ruft die Taxi-App ein geteiltes Echo hervor. Jeder Fünfte zeigte sich enttäuscht von dem Programm, die meisten jedoch waren zufrieden und verteilten gute Noten. Auf der Download-Seite der Suchmaschine Google schrieb ein Nutzer, er empfinde die App als „praktische Sache“. Das bestellte Taxi sei in drei Minuten da gewesen und der vorher berechnete Preis in etwa eingehalten worden. „So ganz genau kann die Preisermittlung wohl nie sein, da man Unwägbarkeiten wie Staus einkalkulieren muss. Mal sehen, ob das Tool auch in anderen Städten gut funktioniert.“
Wer Tschechisch versteht, kann auch auf die nahezu identische und von den gleichen Entwicklern stammende App „Nejlevnejsi Taxi Praha“ zurückgreifen.
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