Störenfried im Schlossgarten
Die umstrittene Drehbühne von Český Krumlov darf vorerst bleiben – soll aber umgebaut werden
14. 1. 2015 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Petr Hasal
Seit vielen Jahren klagen die Denkmalschützer über einen Makel im barocken Schlossgarten von Český Krumlov: die drehbare Zuschauertribüne des Freilichttheaters. Die Betonkonstruktion verunstalte das Areal des Unesco-Weltkulturerbes, lautet die Kritik. Daher forderten zahlreiche Stadtvertreter und Denkmalpfleger immer wieder die Beseitigung der Anlage, deren Zuschauerraum sich um die Schauspieler dreht.
Nun hat eine Sonderkommission des Kulturministeriums entschieden, dass die Bühne vorerst bestehen bleiben darf. Wie Kulturminister Daniel Herman (KDU-ČSL) am Donnerstag vergangener Woche bekanntgab, soll jedoch ein Wettbewerb für deren Neugestaltung ausgeschrieben werden.
Wie diese aussehen kann, steht noch nicht fest. „Es stehen mehrere Optionen zur Debatte. Es könnte beispielsweise eine zerlegbare Bühne entstehen. Möglich ist auch eine Bühne, die versenkt werden kann“, so Herman. Der Umbau könne im kommenden Jahr beginnen, 2017 soll er abgeschlossen werden.
Für die Entscheidung hatte maßgeblich die Haltung der Unesco-Kommission den Ausschlag gegeben. Diese hatte im Jahr 2011 von der Stadt gefordert, die Bühne zu demontieren, da sie das denkmalgeschützte Ensemble des Schlossparks störe. Die internationale Organisation drohte damit, die südböhmische Stadt von der Liste des Weltkulturerbes zu streichen. Seit 1992 befindet sich Český Krumlov auf der prestigeträchtigen Liste. Ursprünglich hatte sich die Stadt dazu verpflichtet, das Freilichttheater bis 1999 abzubauen und an einer anderen Stelle zu errichten, wo der Denkmalschutz nicht beeinträchtigt würde. Das Kulturministerium verschob die Frist jedoch wiederholt nach hinten; zuletzt war der Termin 2015 festgelegt worden.
Im vergangenen Jahr widerrief die Kommission der Unesco nach einem Besuch vor Ort ihren Beschluss von 2011 und nahm die Drohung zurück: Český Krumlov würde seinen Status als Weltkulturerbestadt nicht verlieren. Wie die Direktorin des Nationalen Denkmalschutzamtes Naděžda Goryczková erklärte, respektiere Tschechien die Empfehlung der Unesco: „Die Unesco hat eindeutig nicht ausgeschlossen, dass die Bühne im Schlosspark bleiben darf.“ Denkbar sei ihr zufolge auch, dass die Bühne in Richtung des Lustschlosses Bellarie verschoben würde.
Die ungewöhnliche Konstruktion wurde vom Bühnenbildner und Architekten Joan Brehms (1907–1995) entworfen und 1958 im Schlosspark errichtet. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Freilichttheater mehrfach umgebaut. Seine heutige Gestalt erhielt es 1993. Auf seiner Tribüne finden knapp 650 Zuschauer Platz. Vor allem bei Opern- und Theaterfreunden ist die Bühne beliebt. Eine Petition, die vor sechs Jahren zur Beibehaltung der Bühne ins Leben gerufen worden war, hatten mehr als 140.000 Menschen unterschrieben. Das Südböhmische Theater führt alljährlich in den Sommermonaten Theaterinszenierungen, Ballettstücke sowie Opern auf der umstrittenen Bühne auf. Bisher haben mehr als zwei Millionen Zuschauer die Vorstellungen besucht.
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