Smarties und Morgenstern

Smarties und Morgenstern

Mit seiner Werkausstellung im DOX übt Marek Schovánek Kritik am Konsum

2. 12. 2015 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: „Pills“/DOX

Mit einer ironischen Botschaft heißt Marek Schovánek die Besucher seiner Retrospektive im Zentrum für zeitgenössische Kunst DOX willkommen: Überdimensionierte Pillen tragen Aufschriften wie „More Time“, „Mercy“, „Passion“, „Perfection“ oder „Courage“. Als könne man Mut, Gnade oder Leidenschaft mit einer Tablette einnehmen. Es folgen etwa 50 Werke aus knapp 20 Jahren Schaffenszeit des gebürtigen Pragers, der 1987 nach Kanada auswanderte und seit Anfang der neunziger Jahre überwiegend in Berlin lebt und arbeitet. Mit seiner Ausstellung „Propaganda“ übt er scharfe Kritik am gesellschaftlichen Wahn zur Selbstoptimierung und am Konsum.

Für seine Serie „Hunter Gatherer“ („Jäger-Sammler“) baute der 50-Jährige beispielsweise Einkaufswagen zu Hirschgeweihen um und arrangierte sie wie Trophäen vom Markt der kapitalistischen Eitelkeiten. „Ich kaufe, also bin ich“ – so könnte der alternative Titel dieses Werks lauten.

Schovánek mag es groß, schrill und effektvoll. Der riesige bunte Würfel aus der „Pixel Series“ dreht sich schwebend und wie von Zauberhand angetrieben um die eigene Achse. Die Installation „Pharmatopia“ erschlägt den Betrachter fast. Sie wirkt, als würde eine meterhohe Schachtel Smarties über dem Besucher ausgeleert.

Nicht alle Werke von Schovánek fallen derart spektakulär aus, zum Beispiel das Gemälde „Inquisition“, in dem drei ineinander verschlungene Männer einen vierten gefangennehmen. Ihre Körper sind mit Noten tätowiert, über die Figuren verläuft kopfüber ein Schriftzug mit Wörtern wie „Verlust“. In der Bilderreihe „Crystal Distortion“ verbergen sich romantische Landschaften hinter zerbrochenem oder zerkratztem Glas.

Eine politische Dimension erreicht die Installation „Capsules“, für die Schovánek die Flagge der EU und der USA sowie ein Stück Stacheldrahtzaun in überdimensionierte Plastikpillen gesteckt hat. Die Frage nach der richtigen Dosis Nationalismus wirft eine Reihe von Morgensternen auf, an deren Enden Geldmünzen und andere Symbole für Wirtschaftskraft angebracht sind.

Mit seinen Arbeiten gelingt es Schovánek immer wieder anzuecken; sie verweigern sich einer bequemen und einfachen Lesart. Das macht „Propaganda“ zu einer faszinierenden Werkschau, in der sich Ironie und Kritik vermischen.

Propaganda. DOX (Poupětova 1, Prag 7), geöffnet: Sa.–Mo. 10 bis 18 Uhr, Mi. & Fr. 11 bis 19 Uhr, Do. 11 bis 21 Uhr, dienstags geschlossen, Eintritt: 180 CZK (ermäßigt 90 CZK), bis 11. Januar, www.dox.cz