Sinfonie in Grau

Sinfonie in Grau

Beton-Kunstwerke von Jiří David im Colloredo-Mansfeld-Palast

14. 8. 2013 - Text: Franziska NeudertText: Franziska Neudert; Foto: GhmP

 

Kopfschütteln haben die Werke von Jiří David schon oft verursacht. Zuletzt 2010, als der Künstler auf dem Franz-Kafka-Platz in der Josefstadt eine sechs Meter hohe Plastik aus Schlüsseln installierte. Mit dem Titel „Revoluce“ sollte sie an die Samtene Revolution von 1989 erinnern und daran, was von ihr 20 Jahre danach blieb. Kollektives Kopfschütteln bewirkte der 57-Jährige auch acht Jahre zuvor. Damals brachte David ein überdimensionales, blinkendes Neon-Herz über der Prager Burg an. Dem altehrwürdigen Bauensemble den Charme eines Hotels in Las Vegas verleihend, sorgte das umstrittene Kunstwerk im Winter 2002 wochenlang für öffentliche Debatten.

Die aktuelle Ausstellung im Colloredo-Mansfeld-Palast ist zwar weniger polarisierend, dennoch dürfte der eine oder andere Besucher im Angesicht der Exponate seine Stirn runzeln. Unter dem Titel „Der Schrei des Pavians“ zeigt die Galerie der Hauptstadt Prag in den prunkvollen Räumen des Barock-Gebäudes nahe der Karlsbrücke Arbeiten Davids, die während der letzten drei Jahre entstanden sind.

In dieser Zeit setzte sich der Prager vor allem mit dem in der Kunst eher unüblichen Werkstoff Beton auseinander. Wie David selbst erklärte, entstanden „auf der Suche nach dem Sinn der Kunst und deren Grenzen“ großformatige Leinwände, Collagen, Skulpturen und Installationen, die von Beton durchdrungen und entfremdet werden.

In der Wucht des Materials
Auf das unkonventionelle Material kam David bereits 1994, als er seine ersten Betonbilder schuf. Seinen Worten zufolge habe er sich für Beton als Ausdrucksmittel entschieden, um der zunehmenden Entmaterialisierung in der zeitgenössischen Kunst entgegenzuwirken. Was läge da näher als jener Stoff, der unseren öffentlichen Raum dominiert und an physischer Dichte und Schwere kaum zu übertreffen ist?

Der Besucher der Schau wird zunächst mit einem verkleinerten Grundriss der Galerie begrüßt, der kopfüber den Betrachtern hängt. Von dort aus verteilen sich die unterschiedlichsten Objekte in den Räumen – von Gemälden über Skulpturen bis hin zu Installationen. Die Exponate setzen sich aus Fundstücken zusammen, die aus Davids Kindheit oder jüngerem Lebensalltag stammen: Fotografien, Bücher und persönliche Utensilien werden von Beton in Besitz genommen oder spielerisch kontrastiert. In der Wucht des Baustoffes erscheinen sie mitunter beinahe bedrohlich verewigt. Sie mahnen an die Vergänglichkeit der Dinge, an die Zerstörungskraft des Menschen und an das Schöne im Verfall – je nachdem, was der Betrachter sehen möchte.

Symptomatisch für moderne Kunst werfen Davids Werke eher Fragen auf, als sie Antworten geben. Am Ende bleiben ungeordnete Gedanken und ungelöste Rätsel. Nichts weniger beabsichtigt der Künstler selbst: „Zeitgenössische Kunst macht erst in dem Augenblick einen Sinn, wenn das betrachtete Werk in den eigenen Gedankenstrom übergeht und losgelöst von der Intention des Künstlers seine Kraft entfaltet.“

Jiří David. Der Schrei des Pavians. Colloredo-Mansfeld-Palast (Karlova 2, Prag 1), geöffnet: Di.–So. 10–18 Uhr, Eintritt: 120 CZK (ermäßigt 60 CZK), bis 8. September